LIVing it up

LIV Golf spaltet die Gemüter. Die PGA Tour formiert sich mit ihren Top-Spielern; den Honigtopf hat LIV Golf.

Als vor zwei Jahren klar wurde, dass der saudi-­arabische Public Investment Fund angetreten ist, um dem Profigolfsport eine neue Ordnung zu verpassen, haben viele Experten und Golffans nicht für möglich gehalten, was sich vergangenes Wochenende zugetragen hat. Egal, ob man nun für oder gegen die LIV Golf Invitational Series und die kommendes Jahr beginnende LIV Golf League ist, beim vierten Event der heuer erstmals ausgetragenen Turnierserie ging ein Feld an den Start, das dem von Greg Norman und seinen saudischen Geldgebern selbst auferlegten Anspruch, die besten Golfer der Welt zu versammeln, schon recht nahe kommt. Immerhin zwölf der letzten 24 Major-Turniere wurden von Spielern gewonnen, die der PGA Tour den Rücken gekehrt haben und in Boston beim LIV Golf Invitational Boston den Ball aufteeten. 

Greg Norman ist mit der Unterschrift von Cam Smith ein richtiger Coup gelungen.

„Business deciSion“

Viel ist in den Wochen zuvor auf dem Spielermarkt passiert. Waren es bis dahin eher Golfstars, die den Zenit ihrer Karriere bereits überschritten hatten, die sich LIV Golf anschlossen, sind nun auch vermehrt solche dem Ruf des Geldes gefolgt, denen vorhergesagt wurde, in den kommenden Jahren in die Annalen des Golfsports einzugehen. Ist diese Vorhersage damit nun vorbei? Seit Ende des FedExCup hat jedenfalls (u. a.) Open-Champion Cameron Smith (Jahrgang 1993) wie bereits lange erwartet die Seiten gewechselt. Die aktuelle Nummer zwei der Weltrangliste. Ebenfalls ein LIV-Neuzugang ist der Chilene Joaquín Niemann (1998), die Nummer 19 der Welt. Und sie werden nicht die letzten PGA-Tour-Stars sein, die zur LIV wechseln. Der Zeitpunkt war nach dem Ende der FedExCup-Saison aber passend – mit damals noch fünf anstehenden LIV-Golf-Invitationals. Japans Superstar Hideki Matsuyama – der wichtigste Treiber am asiatischen Markt für die PGA Tour – hat hingegen ein 400-Millionen-Dollar-Angebot von LIV Golf abgelehnt und zieht wie andere Zugpferde Ruhm und Ehre dem Geld vor. 

Über seine Beweggründe erzählte Smith in einem Interview mit „Golf Digest“. Dass das liebe Geld „definitiv ein Faktor“ war, will er gar nicht bestreiten. „Es war eine Business Decision, ein Angebot, das ich nicht ignorieren konnte.“ 143 Millionen Dollar sollen alleine für seine Unterschrift auf sein Bankkonto gewandert sein. Das Wichtigste sei für ihn aber der Turnierplan, der eine Pause von Oktober bis Februar vorsieht. „Ich werde mehr Zeit zu Hause in Australien verbringen können und vielleicht auch ein Turnier dort spielen. Das war bisher nicht möglich. Diesen Teil meines Lebens zurückzubekommen war wirklich reizvoll.“ 

Im Rahmen seiner ersten LIV-Pressekonferenz holte er noch weiter aus: „Ich glaube, das ist die Zukunft des Golfsports. Ich liebe es hier draußen. Es ist ein bisschen entspannter auf der Range, wo Musik läuft. Ich liebe es. Ich kann es kaum erwarten, ein Teil davon zu sein.“ Auf Weltranglistenpunkte angewiesen ist der Australier nicht – auch wenn er kurz davor wäre, als dritter Australier die Spitze der Weltrangliste zu erobern. Denn Probleme mit der Teilnahme an Major-Turnieren hat er nach seinem Open-Sieg dank fünfjähriger Teilnahmeberechtigung nicht. Also halfen auch nicht die Gespräche, die Smith mit PGA-Tour-treuen Berufskollegen oder mit Tour-Commissioner Jay Monahan führte, und auch nicht die jüngsten Ankündigungen der PGA Tour, von denen laut Monahan „jedes einzelne Mitglied profitieren wird“. 

Jay Monahan kontert mit weiteren lukrativen Veränderungen der PGA Tour.

Garantierte Summe

Vor allem dank finanzieller Sicherheit in Form von garantierten 500.000 Dollar für alle Mitglieder, die zumindest 15 Turniere in der Saison absolviert haben. Wer nicht auf diese Summe an Preisgeld kommt, bekommt von der Tour das fehlende Geld überwiesen. Wichtigste Änderung für die Fans ist aber, dass die besten Top-Spieler der Tour öfter aufeinandertreffen. Dazu haben sich 23 Spieler bei einem ominösen Treffen, das von Tiger Woods himself initiiert wurde, verpflichtet.  Die Details lieferte Monahan im Vorfeld der Tour Championship. Mindestens 20 Turniere pro Saison müssen bei allen Top-Spielern im Turnierkalender stehen, darunter zwölf Elevated Events – z. B. die FedExCup-Playoffs, das Sentry Tournament of Champions, das Genesis Invitational, das Arnold Palmer Invitational, das Memorial Tournament, das WGC – Match Play, die Players Championship, die vier Majors und drei weitere FedExCup-Turniere ihrer Wahl. Als Preisgeld werden bei allen Turnieren mindestens 20 Millionen US-Dollar ausgeschüttet. Wer als Top-Spieler gilt, wurde auch festgelegt – die Top 20 des Player Impact Program (PIP). In dem Bonustopf, der den Einfluss und die Bekanntheit der Stars belohnt, stecken nun 100 Millionen Dollar – statt bisher 50. Das zeige laut Monahan: „Unsere Spitzenspieler stehen fest hinter der Tour. Sie helfen uns, den Fans ein unvergleichliches Produkt zu bieten, das ihnen fast garantiert, die besten Spieler bei 20 oder mehr Turnieren während der Saison gegeneinander antreten zu sehen.“ Gleichzeitig machte er nochmal deutlich, dass es für die ehemaligen PGA-Tour-Spieler keine Chance auf Rückkehr gibt: „Sie haben ihre Wahl getroffen, wir unsere.“

Kein LIV-Kribbeln

Die Wahlfreiheit kann den Spielern auch nicht genommen werden. Das stärkste Argument für die PGA Tour ist und bleibt aber wohl nicht das Geld. Vielmehr sind es der Wettbewerb und die Historie, die mit den Turnieren einhergehen. Deshalb interessieren wir uns so sehr für die Majors, die Sieger und den Ryder Cup. Es verursacht bei den Fans dieses Kribbeln im Bauch bei Entscheidungen um die wichtigsten Turniere. 

LIV-Golf-Turniere wirken hingegen eher wie Exhibition-Turniere, und das Interesse daran – auch wenn großartige Spieler aufteen und tolles Golf geboten wird – ist eher mau. Darin, dass die Golfer derart viel Geld für ihre Drei-Tage-Turniere überwiesen bekommen, liegt für den Konsumenten nur bedingt ein Reiz. Und aus sportlicher Sicht wohl auch für die Spieler selbst. Dustin Johnson mag nicht der emotionalste Golfer da draußen sein, es war ihm allerdings nach seinem siegreichen Eagle-Putt im ersten Playoff im Rahmen von LIV Golf doch anzumerken, dass es hier in erster Linie ums Geld geht. Ein Strahlen wie beim ersten Major-Sieg 2016 oder in seinem Green Jacket 2020 konnte man nicht erkennen. Der Golfsport steht jedenfalls vor einer Zerreißprobe, die noch einige Zeit anhalten wird. Auf jeden Fall so lange, bis einer w.o. gibt oder die Sache vor Gericht – mittlerweile streben nur noch neun abtrünnige Golfer eine Klage gegen die PGA Tour an – ausgestritten wird. Die Hauptverhandlung könnte dann ab Jänner 2024 stattfinden – erst dann entscheidet sich die Zukunft des Sports.

Medianachweis: Sportcomm/Getty Images

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