Abgeschlagen und eingenetzt

Die Fußball-EM 2024 steht an. Welcher Star würde auch auf dem Golfplatz brillieren?

Fußball und Golf, das passt schon lange zusammen. Vielleicht auch deshalb, weil die Trainer der hochbezahlten Edelkicker beim Golfen keine Angst haben müssen, dass einer sich das Bein bricht. Zur Erinnerung: Der deutsche Teamtormann Manuel Neuer brach sich den rechten Unterschenkel, nachdem er nach der Weltmeisterschaft in Katar 2022 auf Skiern „den Kopf frei bekommen“ wollte. Auch wenn sich ein Keeper beim Abschlag die Schulter verrenken könnte, die Wahrscheinlichkeit, bei einer Runde Golf zwischen den Trainings einen Kreuzbandriss zu erleiden, ist dann doch eher gering. Umgekehrt geht es, so hat sich Rory McIlroy 2016 einmal eine durchaus schwere Knöchelverletzung beim Kicken zugezogen. Was wir damit sagen wollen: Kicker golfen gut, aber Golfer können nicht kicken.

Golf als Ausgleich

Der österreichische Teamchef Ralf Rangnick schaute sogar neulich im neuen Performance & Competence Center des Österreichischen Golf-Verbands in Oberwaltersdorf vorbei und tauschte sich mit seinen Pendants vom anderen Verband aus. Dort wurde auch sein Golfschwung analysiert, das Attest: „Sehr solide.“­ Bei einem Lehrgang im März auf Marbella nutzten auch ­einige ÖFB-Nationalteamspieler­ die freie Zeit, um eine Runde auf dem Golfplatz zu drehen. Hervorzuheben ist Stürmer-Star Michael Gregoritsch. Der Legionär vom Kultklub SC Freiburg bezeichnete sich jüngst in einem Interview als „begeisterter Golfer“. Er bildet sich auch weiter, für ihn war die Netflix-Dokumentation „Full Swing“ „Pflichtprogramm. Da versuche ich mir von den besten Golfern der Welt etwas abzuschauen.“ Gregoritsch gilt unter den ÖFB-Teamspielern übrigens als bester Golfspieler.

ÖFB-Star Michael Gregoritsch gehört zu den besten rot-weiß-roten Golfkickern.

Begeistert seit 2012

Ob er auch Thomas Müller schlagen könnte? Der 34-jährige Instinktfußballer in Diensten des FC Bayern München spielt bereits seit 2012 Golf. Warum? In einem Interview sagte er dazu einmal: „Wie das im Golf halt so ist, wenn man den ersten guten Schlag gemacht hat, dann ist das ein kleiner Virus, und den wird man so schnell nicht los.“ Er ist auf den Golfplätzen rund um München oft zugegen. Er unterstützte auch schon Charityevents. In einem anderen Interview führte er aus, warum der Profikicker gerne abschlägt: „Für mich ist Golf eine optimale Möglichkeit, mal richtig herunterzufahren. Der ideale Ausgleich zum Fußball. Egal, ob während der Großturniere oder der Saison mit dem FC Bayern. In der Natur, mit Freunden und Kollegen auf diesen kleinen Ball zu hauen und Erfolgs-, aber auch Frustrationserlebnisse innerhalb kürzester Zeit zu erleben, übt eine große Faszination auf mich aus.“ Zeit gibt es für Fußballer übrigens wenig, also muss man sich das Golfen einteilen: „Wenn man wirklich mal freihat, muss man ein bisschen Zeit opfern, oder man muss früh aufstehen.“ Müller hat zudem angeblich ein Handicap von vier, und doch gibt es im Fußball noch bessere Golfer als ihn.

Thomas Müller ist ehrgeizig, sowohl am grünen Rasen als auch auf dem Green.

Handicap: Null

Dabei handelt es sich just um seinen neuen Teamkollegen Harry Kane. Der englische Stürmerstar, der vorher bei Tottenham Hotspur kickte, wechselte erst im Sommer 2023 an die Säbener Straße, Golf spielt er schon ewig.  Er soll schon mit sechs Jahren am Golfplatz gewesen sein, aber erst später fing er damit richtig an. „Das war, als ich etwa 17 oder 18 Jahre alt war. Ich erinnere mich an einen Sommer, in dem ich nicht wirklich in den Urlaub fuhr und fünf Wochen lang jeden Tag Golf spielte“, erinnerte er sich einmal. „Mein Handicap sank von etwa 18 auf etwa 10, und von da an wuchs die Besessenheit von Jahr zu Jahr, da ich mich immer mehr darauf einließ. Ich fing an, es sowohl auf dem Fernseher anzusehen als auch abzuspielen.“ Sein großes Vorbild: niemand Geringerer als Tiger Woods. Kane, der Mitglied im Wentworth Golf Club sowie im Beaverbrook Golf Club ist, erfüllte sich 2017 den Traum, mit der Golflegende Woods abzuschlagen. Auf der Liste der bespielten Golfplätze sollen sich Augusta National, St Andrews Old Course, Kingsbarns oder Loch Lomond befinden. Was ihn am Golf fasziniert? „Ich bin jemand, der immer versucht, im Jetzt zu leben, und beim Golfen kann man das in den vier oder fünf Stunden, die man auf dem Platz ist, wirklich tun – man denkt nur an den nächsten Schlag. Dieses Gefühl, das Spiel zu meistern, ist offensichtlich die größte Herausforderung. Dann gibt es noch den Wettbewerbs­aspekt, den ich natürlich aus dem Training und dem Fußballspielen gewohnt bin. Und es ist ein sehr geselliger Sport. Es ist toll, ein paar Stunden mit Freunden und der Familie draußen zu sein, sich zu unterhalten und abzuschalten. Ich liebe es einfach, an der frischen Luft zu sein und die Momente mit Menschen zu genießen, die ich mag.“

Legenden auf dem Platz

Wie viele der Europameisterschaftskicker wirklich sonst noch Golf spielen, ist kaum zu erheben. Es ist davon auszugehen, dass der eine oder andere Trainer Golf als Ausgleich zum stressigen und mental anstrengenden EM-­Fieber eine Runde auf demm Golfplatz verordnet. Dort könnten die Kicker auch auf Legenden des Sports treffen, denn die Liste an Ex-Spielern, die auf den Greens sind, ist lang. Allen voran natürlich britische. Bekannt ist, dass ­Ex-Wales-Superstar Gareth Bale gut mit dem Golfschläger umgehen kann. Auch Landsmann Ian Rush, der zwischen 1978 und 2000 professionell kickte, sieht man oft am Golfplatz. Die englischen Stürmerlegenden Wayne­ Rooney oder Michael Owen gehören genauso zum Kreise wie ihre Kollegen Alan Shearer und Steven Gerrard. Natürlich fehlt auch Ex-Kicker Gary Lineker nicht. Den heutigen TV-Star kennt man vor allem durch folgenden Satz: „Fußball ist ein einfaches Spiel. 22 Männer jagen 90 Minuten einen Ball, und am Ende gewinnen immer die Deutschen.“ Doch nicht nur auf der Insel schlägt man ab. So spielen beispielsweise der Portugiese Luis Figo oder der Argentinier Carlos Tévez Golf. Natürlich dürfen auch deutsche Ex-Starkicker nicht auf dieser Liste fehlen. Michael Ballack betreibt das Golfspiel als Hobby, bereits seit vielen Jahren spielt der ehemalige Stürmer und Sportfunktionär Oliver Bierhoff. Mats Hummels, bei der Europameisterschaft nicht dabei, aber auch noch aktiv am Kicken, wurde auch schon des Öfteren auf dem Golfplatz gesehen. Was soll man nach diesem Rundblick sagen? Golf und Fußball, das passt einfach ziemlich gut zusammen, aus vielen verschiedenen ­Gründen.

Medianachweis: Sportcomm / Getty Images

Total
0
Shares
0 Share
0 Tweet
0 Share
0 Share
0 Share
0 Share
0 Share
0 Share
Prev
Neue Wege

Neue Wege

Gründer & Herausgeber Harald Kopp verlässt die Golf Week und gründet mit Walter

Next
Rückkehr in Hall-of-Fame-Heimat

Rückkehr in Hall-of-Fame-Heimat

Die US Open kehren nach Pinehurst zurück

Das könnte dich auch interessieren
Total
0
Share