Damen-Spektakel in St Andrews

Nach Olympia wartete mit der AIG Women’s British Open gleich der nächste Höhepunkt auf die besten Damengolfer der Welt. Und wie schon in Paris hieß auch in St Andrews die Siegerin Lydia Ko.
Siegerfoto auf der berühmten Swilcan Bridge: Lydia Ko gewinnt die AIG Women’s British Open am Old Course in St Andrews.

Es ist noch nicht lange her, da waren Damen ver­pönt am Old Course in St Andrews. Im September 2014, also genau vor zehn Jahren erst,  beschloss der Royal and Ancient Golf Club, der seit 1754 im Zentrum des internationalen Golfsports steht, zum ersten Mal in seiner 260-jährigen Geschichte, Frauen in den Club aufzunehmen. Mehr als 85 % seiner 2400 Mitglieder stimmten für diese Änderung. 2015 nahm der schottische Elite-Golfclub dann die ersten sieben Frauen auf, die der Einladung zur Ehrenmitgliedschaft Folge leisteten, darunter so berühmte Namen wie Princess Anne und die Golflegenden Laura Davies, Annika Sorenstam und Luise Suggs. Zwar gab es nun Damen als  Ehrenmitglieder, aber nach wie vor im Clubhaus keine Umkleidemöglichkeiten für das weibliche Geschlecht. Erst im Jahr 2019 beschloss der R&A, solche Räumlichkeiten zu schaffen, die – kaum zu glauben – in diesem Jahr im Zuge einer weitreichenden Renovierung des Clubhauses fertiggestellt wurden.

Neuer Glanz

Das weltberühmte Clubhaus in St Andrews erfuhr seine bedeutendste Sanierung seit 1924 und wurde im Sommer feierlich wiedereröffnet. Es verspricht, eines der außergewöhnlichsten Golferlebnisse noch unvergesslicher zu machen. Zu den Verbesserungen gehören wie erwähnt neue und erweiterte Umkleideräume mit Einrichtungen für Frauen, eine neue Heritage Loun­ge mit historischen Bauplänen des Clubhauses, ein neuer Mitgliedershop, ein renovierter Trophäenraum mit den Trophäen und Medaillen des Clubs und ein neuer Golf-Concierge-Schalter mit Serviceleistungen für Mitglieder. Martin Slumbers, Sekretär des Royal and Ancient Golf Club of St Andrews, sagte: „Die Renovierung des Clubhauses ist die bedeutendste Verbesserung, die wir in 100 Jahren an dem Gebäude vorgenommen haben, und wir freuen uns, dass wir gleichzeitig seinen besonderen Charakter und sein Erscheinungsbild bewahrt haben.“

Ein historischer Schritt auf dem Weg zur Akzeptanz von Frauen in St Andrews war die Austragung der Women’s British Open 2007 auf dem Old Course. Es war dies der erste professionelle Frauen-Event überhaupt auf dem „heiligen Rasen“ in St Andrews. Die Mexikanerin Lorena Ochoa konnte die historische Premiere für sich entscheiden. 2013 kam es zu einer Wiederholung, bei der die US-Amerikanerin Stacy Lewis die Nase vorne hatte. Elf Jahre später war es nun wieder so weit. Zum dritten Mal in der Geschichte durften die besten Golfspielerinnen der Welt an der Wiege des Golfsports ihre Meisterin küren.

Schottisches Wetter

Während wir in Kontinentaleuropa aktuell mit einer schweißtreibenden Hitzewelle zu kämpfen haben, präsentierte sich die Turnierwoche beim letzten Damen-Major des Jahres im Norden Großbritanniens, naja, sagen wir, „schottisch“. Wind, Regen und Kälte dominierten die vier Turniertage. Am Finaltag kamen sogar allerorts Pudelmützen zum Vorschein, um den Kopf warm zu halten. Sportlich begannen die AIG Women’s Open mit einem Paukenschlag. Die Engländerin Charley Hull, Publikumsliebling der britischen Fans, übernahm nach Tag 1 mit einer 67 (-5) die Führung, dicht gefolgt von der Weltranglistenersten Nelly Korda (USA), die gemeinsam mit der Chinesin Yin Ruoning eine 68 (-4) ins Clubhaus brachte. 

Nach einer weiteren 68 (-4) zog Korda davon, bevor ihr Motor in Runde 3 mit einer 75 (+3) ins Stottern geriet. Mit zwei Schlägen Rückstand auf die mittlerweile führende südkoreanische Veteranin Jiyaj Shin war in der Finalrunde aber noch alles drin für die US-Amerikanerin, die auch prompt das Gaspedal wiederfand. Korda sah bereits wie die sichere Siegerin aus, die drauf und dran war, eine historische Saison mit einem zweiten Major-Sieg zu krönen. Doch alles zerbrach in nur wenigen Löchern, als ein brutales Finish am Sonntag ihre Hoffnungen zunichte machte.

Nelly in Turbulenzen

Kordas turbulentem letzten Tag bei den AIG Women’s Open 2024 gingen turbulente erste drei Runden und insgesamt eine Achterbahnsaison voraus. Anfang des Jahres legte die Tochter von Ex-Tennis-Ass Petr Korda eine unglaubliche Erfolgssträhne hin, bei der sie sechs von sieben ­LPGA-Events gewann, darunter ihr zweites Major bei der Chevron Championship im April. Nach dieser heißen Phase kühlte Nelly aber deutlich ab und verpasste bei den folgenden beiden Majors sogar den Cut. Bei Olympia in Paris, wo sie als Titelverteidigerin an den Start ging, wurden ihre Hoffnungen auf Gold durch einen unpassenden Socket am 15. Loch in der letzten Runde zunichte gemacht.

Die Weltranglistenerste Nelly Korda sah schon wie die sichere Siegerin aus, musste sich am Ende aber mit dem geteilten zweiten Platz zufrieden geben.

Auf dem Old Course sah es nun so aus, als würde Korda, immer noch die überlegene Nummer eins der Welt, ihre Dämonen besiegen und doch wieder in den Kreis der Gewinner zurückkehren. Am Finalsonntag schaffte Korda Birdies auf den Löchern 5, 7, 9 und 10, überholte alle anderen und ging mit zwei Schlägen Vorsprung in Führung. Dann passierte Korda am Par 5-Loch 14 das Unglück. Ein Layup-Versuch mit ihrem zweiten Schlag landete im hohen Gras, wo sie einen Flyer fing, der ihren dritten Schlag über das Grün schickte. Dann verfehlte Korda ihren Chip, der vom Grün zurückrollte. Am Ende musste Nelly ein verheerendes Doppel-Bogey notieren und ein weiteres Bogey auf dem „Road Hole“ (Loch 17) besiegelte ihr Schicksal in Form eines geteilten zweiten Platzes. „Das ist Golf. Im Grunde haben mich die Fehler das Turnier gekostet, aber ich habe gut gespielt“, versuchte Korda trotz eines weiteren enttäuschenden Abschlusses bei einem Major positive Aspekte aus der Woche mitzunehmen. „Ich habe solide gespielt. Ich habe danach sogar noch gekämpft. Das werde ich in die nächsten Events mitnehmen.“

Lydia in Major-Form

Der Weg war damit frei für eine weitere Mitfavoritin, die sich an den ersten drei Turniertagen noch nobel zurückhielt. Lydia Ko, nach Olympiagold in Paris mit neuem Selbstvertrauen ausgestattet, holte nach acht Jahren wieder einen Major-Titel. Es war nach der Evian Championship 2015 und der Chevron Championship 2016 ihr insgesamt dritter Major-Titel. Nachdem „Lyds“ bei den Olympischen Spielen Gold gewonnen und den Status einer Hall of Famerin erlangt hatte, wurde sie von einem Teammitglied gefragt: „Was ist jetzt dein Ziel?“ Nach kurzem Nachdenken antwortete Ko: „Ein Major zu gewinnen, bevor ich mit dem Wettkampfsport aufhöre.“

Zwei Wochen später war es dann Zeit für ein neues Ziel. Ko gewann nicht nur ein weiteres Major, sondern tat dies auch auf dem Old Course in St Andrews. „Es ist so, als würde man sagen: ‚Mögen Sie Ihre Mutter oder Ihren Vater lieber?‘“, sagte sie, als sie gefragt wurde, welche Leistung sich besser anfühlte. „Sie sind alle auf ihre eigene Weise etwas Besonderes.“

Die Goldmedaille in Paris brachte Lydia Ko in die Hall of Fame der LPGA.

Ko hat noch Ziele

Ko spielte auf der berühmten 18  (Par 4) ein Birdie und markierte mit insgesamt 7-unter-Par die Richtmarke im Clubhaus, an die keine ihrer Kontrahentinnen mehr herankam. Mit zwei Schlägen Vorsprung vor dem Quartett Nelly Korda, Lilia Vu, Jiyai Shin und Ruoning Yin war die Messe gelesen und die 27-jährige Neuseeländerin durfte in den Armen ihres Ehemanns Chung Jun, dem Sohn des Hyundai Card Vice Chairmans Chung Tae-young, den historischen Sieg feiern.

Obwohl Ko schon lange davon spricht, mit 30 Jahren mit dem professionellen Golfsport aufhören zu wollen, fühlt sich das, was sie im letzten Monat geleis­tet hat, nicht wie der perfekte Abschluss an. Tatsächlich fällt es ihr schwer zu beschreiben, wie es sich anfühlt. „Ich glaube nicht, dass es ein Wort im Wörterbuch gibt, das erklären kann, was gerade passiert ist. Aber jemand hat es in die richtige Perspektive gerückt, bevor ich die Goldmedaille gewann, und sagte: ,Versuchen Sie, sich den Eintritt in die Hall of Fame wie eine Tankstelle auf dem Weg zu einem endgültigen Ziel vorzustellen und nicht wie ein endgültiges Ziel‘“, sagte sie. „Ich habe immer noch vor, zu spielen. Ich denke, das macht es einfacher, zu sagen: Wenn es passieren soll, dann soll es passieren. Ich werde mich auch auf das konzentrieren, was vor mir liegt.“

Esther greift an

Ein wahres Sommermärchen, ähnlich jenem von Lydia Ko, durchlebt auch die Deutsche Esther Henseleit, die nach Olympiasilber in Paris in der Woche darauf bei den Scottish Open ebenfalls einen zweiten Platz belegte. Voll mit Selbstvertrauen startete die Hamburgerin mit Wohnsitz in Scottsdale, Arizona, auch in ihr Premieren-Abenteuer am Old Course in St Andrews. Nach einem kapitalen Fehlstart schaffte sie gerade noch den Cut, bevor sie in Runde 3 mit einer 66 das Feld von hinten aufrollte und vor der Finalrunde auf dem geteilten zehnten Platz lag. Dort lief dann aber mit einer 78 nicht mehr viel und so musste Henseleit am Ende mit einem geteilten  37. Platz Vorlieb nehmen. Beste Spielerin aus dem D-A-CH wurde die Schweizerin Albane Valenzuela, die geteilte 20. wurde und ebenso wie Henseleit in Kürze ihre Premiere beim Solheim Cup feiern darf. Alexandra Försterling (D) landete auf dem geteilten 60. Platz. Die Österreicherin Emma Spitz schaffte es auch ins Wochenende, wo schlussendlich ein geteilter 71. Platz herausschaute.

Esther Henseleit spielte trotz widriger Bedingungen um einen Spitzenplatz mit.

Medianachweis: Sportcomm / Getty Images

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