Abschied in München Eichenried von der DP World Tour. Fünfmal war Bernhard Langer hier Zweiter. Das Masters in Augusta 2025 wird auch sein letztes sein. Jetzt geht es auf der PGA Tour Champions zwar weiter, das Messen mit den Jüngeren unter 50 lässt er aber sein. Zeit also, eine Legende dieses Sports zu würdigen. Aber wie eigentlich? Der 1957 in Anhausen geborene Deutsche hat bislang über 120 Profiturniersiege erreicht, gewann zwei Majors und ist seit dem Gewinn der US Senior Open 2023 der erfolgreichste Spieler aller Zeiten auf der Champions Tour. Denn die Karriere, die ist genauso bekannt wie eindrucksvoll und, wenn man so will, beständig. Kann eine Karriere bodenständig sein?
Mit acht Jahren nahm Langer das erste Mal einen Golfschläger in die Hand. Sein Bruder Erwin arbeitete in dem dem Elternhaus nahen Golfclub als Caddie. Somit war es um Bernhard geschehen. Es vergingen seit 1980 nicht viele Jahre, in denen er kein Turnier gewann. Langer hat sechsmal den Ryder Cup gewonnen, davon einmal als Kapitän. Insofern ist der Rest mindestens Golfgeschichte, wenn nicht sogar deutsche Zeitgeschichte. Zeit, „Mister Consistency“ anders kennenzulernen. Und wer könnte das besser vermitteln als jene, die ihn lange Jahre journalistisch begleiteten? Als Bernhard Langer 1985 sein erstes Major gewann, konnte man seine Karriere noch nicht so verfolgen, wie es heutzutage möglich ist. Noch bei seinem zweiten Masters-Sieg 1993 war von umfassender TV-Golfberichterstattung nicht zu reden. Oder vom Bewusstsein in Deutschland für diesen Sport überhaupt.
„Bernhard Langer war der erste nicht Fußball spielende Sportstar, den ich bewundert habe“, erinnert sich Stefan Frommann, Journalist bei der Welt, im Gespräch mit der Golf Week an die ersten erfolgreichen Jahre Langers. Diese fanden damals, Ende der 80er, Anfang der 90er, noch fast unter Ausschluss der schwarz-rot-goldenen Medienöffentlichkeit statt: „Ich bin seit 1989 Sportjournalist. Aus dem Golfsport kannte man zwar die großen Namen, aber es war kaum möglich, irgendetwas über die Spieler zu erfahren oder TV-Bilder zu sehen.“ „Mr. Sportstudio“ Harry Valérien war in den 90ern der Erste, der sich in Deutschland mit einer eigenen Sendung dem Golfsport widmete: „Nachts, kurz vor dem Testbild, gab es Golfübertragungen.“
Öffentliches Bild
In der Öffentlichkeit ist das Bild Langers eng und klar gezeichnet, wohl auch, weil er schon Superstar war, bevor Pay-TV und soziale Medien das Ruder übernahmen. Wie Frommann kennt auch Sky-Filmemacher Uwe Bornemeier den Ausnahmegolfer seit Jahrzehnten persönlich. Sie registrieren das Bild in der Öffentlichkeit: „unnahbar“ und „verschlossen“. Langer trinkt nicht, er raucht nicht, experimentierte wenig, setzte immer auf Trainer Willi Hofmann. Er sei ein Profi durch und durch, akribisch, bis ins letzte Detail, er soll sogar im Schlafzimmer Fitnessgeräte haben. Langer ruhe in sich, das sehe man: „Ich durfte einmal sein Caddie bei einem Einladungsturnier in Schottland sein. Da fragte ich ihn, wie er das schafft, beim Schlagen alles rundherum auszublenden. Er meinte: Über meinen Kopf könnte ein Düsenjet fliegen, und es würde mich nicht stören.“ Im Gegensatz zu Eskapaden jüngerer Golfer ist er auch privat konsistent, seit 1984 ist er mit der Amerikanerin Vikki Carol verheiratet. Vier Kinder hat er, er lebt in Florida in einer Gated Community. Und, so Bornemeier: „Man weiß, dass er tiefgläubig ist, und das treibt manchmal auch seltsame Blüten, wenn man selbst nicht gläubig ist, kann man das kaum nachvollziehen.“
Gottgegeben
Dabei ist es gar nicht so außergewöhnlich. Viele Sportler haben Rituale oder Mantras. Langer, der täglich in der Bibel liest, sucht sich halt einen Satz aus dem Buch heraus und verwendet ihn als Mantra. Wenn es mental schwierig ist, liest er sich den Bibelvers vor, vielleicht auch eine Art autogenes Training. Bornemaier hält auch fest: „Wenn man glaubt, dass alles gottgegeben ist und man sich anstrengen muss, kann einen so schnell nichts aus der Ruhe bringen, man muss sich nicht ärgern.“ Die angesprochenen Blüten können aber auch aufsehenerregend sein. In den USA ist tiefer Glaube auch mit konservativen Wert- und Politikvorstellungen verbunden, die man in Europa so kaum noch kennt. Eine weitere Episode ist, dass er einmal ein ProAm-Turnier mit seinem Sohn spielte und gewann. Der Sprössling wollte von seinem Anteil einen Mercedes kaufen. Doch er bekam nichts, weil ja Langer Profi, der Filius Amateur. Am Ende kann man sagen: Jeder Mensch hat so seine Spleens.
Der Mensch
Beide Journalisten hat Langer sehr nah an sich und seine Familie herangelassen. Bornemeier durfte ihn in Florida besuchen, für TV-Aufnahmen. Dort wunderte er sich über die Inneneinrichtung des Hauses: „Ich sagte, schön haben Sie es hier, er meinte, er habe es möbliert gekauft.“ Bodenständiger geht es nicht, er scheint nicht verschwenderisch zu sein. Frommann hat Langer einmal mit auf die Isle of Man eingeladen, er flog im Privatjet mit und durfte abends am Familientisch sitzen, als Langer vor etwa 150 Gästen sein Glaubensbekenntnis abgab. Der Welt-Journalist zeichnet ein Bild, das sich vom öffentlichen Bild Langers unterscheidet: „Er tut Dinge nur im besten Glauben und Gewissen. Er ist ein grundgütiger Mensch und kann auf seine Art extrem humorvoll sein.“ Das schätzen auch Golferkollegen. Überhaupt ist es gut, zu schauen, mit wem man sich umgibt: „Golfspieler sind fast alle sehr introvertiert. Sie haben keine Mannschaft. Bernhard Langer wirkt verschlossen, ist aber zugänglich, absolut weltoffen und verständnisvoll. Seine Frau Vikki ist reizend und lebensbejahend“, sagt Frommann. „Vor allem ist er deutlich humorvoller, als es ihm viele zugestehen wollen.“
Die Ikone
Das Bild des akribischen Deutschen passt wohl vielen ins Weltbild. Dabei wäre ja schon ersichtlich gewesen, dass er viel Leichtigkeit in sich trägt. 1981 stieg der noch junge Bernhard Langer bei den Benson and Hedges International Open in einen Baum, um abzuschlagen: Akribisch? Ja. Aber es fasst Hingabe, Bodenständigkeit, Humor und alles zusammen, alle Facetten einer beeindruckenden Sportpersönlichkeit.
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