Deal or No Deal?

Politik, Kehrtwendungen und jede Menge Geld: wie PGA Tour und LIV die Sportwelt schockten.

Man blickte auf das Datum, um sicherzugehen, dass es sich nicht um einen Aprilscherz handelt. Und auch die offizielle Presseaussendung der PGA Tour und DP World Tour zum Deal zwischen PGA Tour, DP World Tour und PIF (der saudische Public Investment Fund ist maßgeblich für die Konkurrenzliga LIV Golf zuständig) hatte irgendwie das Look-and-Feel ­einer Spam-Nachricht. Fake News sozusagen? Doch nein, nur eine knappe Stunde später saßen dann auch die beiden Protagonisten des Deals, Jay Monahan und Yasir Al-Rumayyan, Seite an Seite, beide lächelnd, gemeinsam im Fernsehstudio des US-Senders CNBC und erläuterten die Details des wahrlich historischen Deals.

Das ungleiche Duo

Es musste ein Traum sein, eine Fata Morgana. Auf keinen Fall konnten diese beiden Typen im selben Raum, in derselben Stadt, in derselben … irgendwo sein. Monahan, der Commissioner der PGA Tour, hatte mehr als ein Jahr lang mit aller Macht gegen genau das Unternehmen gekämpft, das Al-Rumayyan mitgestaltet und finanziert hatte. Als Gouverneur des Public Investment Fund gründete Al-Rumayyan mit der Finanzierung des 650-Milliarden-Dollar-Staatsfonds Saudi-Arabiens die LIV-Golfliga und trug dazu bei, einige der Top-Namen des Sports von der PGA Tour abzuwerben. Zu Monahans kompromisslosem Vorgehen gehörte es, Spieler zu bestrafen und zu sperren, die an LIV-Events teilnahmen, Nicht-PGA-Tour-Mitglieder, die bei LIV-Events spielten, von der Teilnahme an der PGA Tour abzuhalten und das Erbe und die Geschichte der Tour als Gründe für den Verzicht auf Vorabzahlungen in Millionenhöhe und für die Treue gegenüber der PGA Tour anzuführen.

LIV Golf verklagte die Tour und machte Verstöße gegen das Kartellrecht geltend. Die Tour erhob Gegenklage. Und nebenbei kritisierte Monahan den PIF und behauptete, das saudische Geld sei schmutzig. Er berief sich auf die Terroranschläge vom 11. September 2001 und die angebliche Beteiligung Saudi-Arabiens. Er wies auf die Menschenrechtsprobleme hin, für die Saudi-Arabien hinlänglich bekannt ist. „Ich würde jeden Spieler, der [zum LIV] gegangen ist, oder jeden Spieler, der jemals darüber nachdenken würde, zu gehen, fragen: Mussten Sie sich jemals dafür entschuldigen, Mitglied der PGA Tour zu sein?“, sagte Monahan exakt vor einem Jahr in einem CBS-Fernsehinterview.

Kehrtwendung

Dann, am Dienstag, 6. Juni 2023, war plötzlich alles anders. Monahan streute dem vermeintlichen Feind Al-Rumayyan Rosen, und die beiden diskutierten Seite an Seite über die schockierende Nachricht, dass sie sich auf den „Rahmen einer Vereinbarung“ geeinigt hatten, der den umstrittenen Rechtsstreit beenden und die PGA Tour, PIF und DP World Tour ab sofort als Partner definieren würde. Dabei sollen saudische Reichtümer auf die andere Seite des Atlantiks und generell in den „guten“ Teil der Golfwelt fließen.

Im Rahmen dieser neuen Vereinbarung wird LIV Golf möglicherweise verkleinert oder zumindest in eine neue, gewinnorientierte LLC umgewandelt, die noch benannt werden muss, mit Al-Rumayyan als Vorsitzendem und Monahan als CEO. Die PGA Tour und ihr gemeinnütziger Arm werden so weitergeführt, wie sie es seit ihrer Gründung als eigenständige Einheit im Jahr 1968 getan haben, aber Al-Rumayyan wird auch Mitglied des Policy Board der PGA Tour werden und zusammen mit den fünf Spieler­direktoren und den vier weiteren Vorstandsmitgliedern ein Mitspracherecht bei den Geschehnissen haben.

Opferlamm Rory

Zahlreiche Spieler, Manager, Funktionäre und Führungskräfte machten deutlich, dass nur wenige Auserwählte wussten, was vor sich ging. Monahan gab zu, dass es sich um einen engen Kreis an Vertrauten handelte. Nicht einmal die Topstars wie Tiger Woods und Rory McIlroy wurden informiert. Das Gleiche gilt für die Top-Leute bei LIV Golf, allen voran deren CEO Greg Norman und sämtliche Spieler.

Während Phil Mickelson, der im Zuge seines Weggangs zu LIV Golf massive Kritik an der PGA Tour übte, jubilierte, musste vor allem Rory McIlroy eine bitte Pille schlucken. Der Nordire verbrachte einen Großteil des vergangenen Jahres damit, das Gesicht der PGA Tour im Kampf gegen LIV Golf zu sein. Er hatte leidenschaftlich über die PGA Tour gesprochen, diejenigen angeprangert, die sie verlassen hatten, und Freundschaften mit ehemaligen Teamkollegen des European-Ryder-Cup-Teams wie Sergio García auf Eis gelegt. Am Tag nach dem Deal versuchte er, das Unerklärliche zu erklären und es so gut wie möglich darzustellen. Er blickte auf das große Ganze, mehrere Jahre später. Es sehe jetzt vielleicht nicht gut aus, sagte er, aber auf lange Sicht sei das Spiel besser dran. Und doch gab er später zu, dass er sich in gewisser Weise wie ein „Opfer­lamm“ fühlte, weil er gegen genau das gekämpft hatte, was er jetzt annehmen muss. Trotz seines Status als Spielermitglied des PGA Tour Policy Board wusste McIlroy nicht, dass etwas unmittelbar bevorstand. Er erfuhr von dem Deal am frühen Dienstagmorgen von seinem Kollegen Jimmy Dunne, einem Vertrauten von Monahan, nur wenige Stunden bevor der Rest der Welt sein eigenes Gefühl der Verwirrung ertragen musste. 

Rory McIlroy fühlt sich ob des Deals ein wenig wie das Opferlamm.

Erboste Spieler

In der daraufhin einberufenen PGA-Tour-Mitgliederversammlung ließen die Spieler, die der Tour ihre Treue zeigten und nun ein wenig wie die Dummen dastehen, ihrem Frust freien Lauf. Und erster Adressat war natürlich Jay Monahan. Einige der Spieler deuteten an, dass sie das Vertrauen in den Commissioner verloren hatten, der seit 2017 im Amt ist. Monahan sagte nach der Spielerbesprechung, dass er bereit sei, den Druck auf sich zu nehmen, und Verständnis dafür habe, wenn die Spieler ihn für einen „Heuchler“ hielten, aber dass sich die Umstände geändert hätten. Das Aufkommen der neuen erhöhten Events und die dafür nötigen Finanzmittel, gepaart mit dem Rechtsstreit mit LIV, brachten die Tour finanziell in eine prekäre Lage. „Wir haben im Jahr 2023 erheblich in unser Business investiert. Und das werden wir auch 2024 tun“, sagte Monahan. „[Aber] unsere Rücklagen, die Anwaltskosten, unsere Unterstützung und Engagement für die DP World Tour und deren Anwaltskosten waren von signifikanter Natur. Dieser Deal versetzt uns nun in die Lage, über Kapital zu verfügen, das wir zugunsten unserer Mitglieder und Turniere einsetzen können, und er gibt uns Kapital, das wir in Wachstumsunternehmen stecken können, die letztendlich eine Rendite erwirtschaften, die wir wiederum in unsere Spieler reinvestieren.“

Medianachweis: Sportcomm/Getty Images

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