Am 26. Juli starten die Olympischen Sommerspiele in Paris. Im Rahmen der Spiele finden wieder Golfturniere statt, von 1. bis 7. August. Es wird erst das fünfte olympische Turnier sein, machte der Sport doch zwischen 1904 und 2016 112 Jahre Pause. Erstmals olympisch war Golfen 1900, als die Sommerspiele das erste Mal in der Metropole an der Seine stattfanden. Die ersten Olympiasieger waren US-Amerikaner. Charles Edward Sands holte sich den Titel bei den Herren. Er musste nur elf andere hinter sich lassen in den vier Runden. Die Siegerin Margaret Abbott musste nur eine Runde absolvieren und neun andere hinter sich lassen. 1904 fand ja noch ein Turnier statt, die Damen spielten in St. Louis in der Mannschaft, die Herren waren insgesamt zu 75. Nicht aber Sands, der als Tennisspieler bei den Sommerspielen in London im Jahre 1908 teilnahm – er verabschiedete sich nach der ersten Runde.
Der umgekehrte Weg
Sands hatte also umgesattelt, sein Nachfolger als Olympiasieger 1904, George Lyon, begann überhaupt erst im Alter von 38 Jahren den Golfschläger zu schwingen. Der Versicherungsagent und Soldat spielte eigentlich Cricket und wollte seinen Titel 1908 verteidigen. Doch das Golfturnier fand dann kurzfristig nicht mehr statt. Was man bis hierhin aber sieht: Golf lässt sich mit anderen Sportarten gut kombinieren, und das taten auch einige der 438 Goldmedaillensieger bei Sommerspielen aus Deutschland sowie der eine oder andere der 26 Rot-Weiß-Roten.
Wie viele dieser 464 Personen tatsächlich gerne gegolft haben, ist nicht wirklich erhebbar. Die Datenlage hinsichtlich der Damen und Herren, die vor allem vor den beiden Weltkriegen für Österreich Gold holten – etwa Turner Julius Lenhart (St. Louis, 1904) oder Schwimmer Paul Neumann (Athen, 1896) –, ist nicht unbedingt mit der heutigen Insta-Welt vergleichbar. Dass beispielsweise Franz Aigner, österreichischer Olympiasieger bei den zweiten Sommerspielen in Paris 1924, mit seinen Oberarmen auch Golf spielte, ist eher unwahrscheinlich. Anders ist das heute, vor allem in Deutschland. Eine Auswahl.
Hoher Sprung
Eine, bei der bekannt ist, dass sie nicht nur Gold schaffte, sondern auch golft, ist Ulrike Nasse-Meyfahrt. Die 68-Jährige holte sowohl 1972 in München als auch 1984 in Los Angeles die Goldmedaille im Hochsprung. Sie studierte an der renommierten Deutschen Sporthochschule Köln, war Diplom-Sportlehrerin und war beim TSV Bayer 04
Leverkusen als Trainerin und Scout tätig. Im Ehrenamt engagiert sie sich für die ambulante psychosoziale Betreuung lebensverkürzend erkrankter Kinder und Jugendlicher und
von deren Familien. Sie nimmt daher regelmäßig an Charity-Golfturnieren für die Kinderhilfe Organtransplantation e.V. (KiO) teil.
Geht auch filigran
Um die vorherige Aussage zum Österreicher Aigner zu konterkarieren, sei nun Henry Maske erwähnt. 1988 hat er in Seoul die Goldmedaille im Mittelgewicht errungen. Boxern sagt man vielleicht genauso wenig wie Gewichthebern nach, dass sie mit dem Schläger und dem
kleinen Ball umgehen können. Das stimmt bei Maske aber nicht. „Der Gentleman“, wie man ihn auch nennt, soll laut Medienberichten ein Handicap von 36 haben und ist wie Nasse-Meyfahrt auch im Bereich Charity tätig. Er hat eine eigene Stiftung („A Place for Kids“) und nimmt selber auch an Charity-Turnieren teil, um für sozial benachteiligte Kinder Geld zu sammeln.
Auf Distanz
Mit dem Weit-weg-Bewegen von Sportgeräten kennt sich wiederum Klaus Wolfermann aus.
Der ehemalige Leichtathlet beförderte den Speer 1972 am weitesten und sicherte sich Gold. Nach dieser Karriere war Wolfermann übrigens Bremser und Anschieber im Viererbob und wurde 1979 Vizemeister. Der Betreiber einer Sportvermarktungsagentur engagiert sich als Teilnehmer für soziale Zwecke und nimmt mit anderen deutschen Olympiamedaillengewinnern an Fuß- und Volleyballspielen sowie Golfturnieren teil, um Spenden zu sammeln. Bereits seit 2006 organisiert er Golfturniere für die KiO-Kinderhilfe, und er ist Mitglied des Eagles-Charity-Golfclubs.
Ausdauer
Eine Golfrunde verlangt aber nicht nur Muskelkraft und Koordination, sondern auch Ausdauer. Über die verfügt Olaf Ludwig. 1988 holte der in der DDR geborene und aufgewachsene Radler den Sieg beim olympischen Straßenrennen vor den Bundesdeutschen Bernd Gräne und Christian Henn. Nach dem Karriereende blieb der „Eddy Merckx des Ostens“ umtriebig. Nach dem Ende seiner aktiven Laufbahn gründete er das Unternehmen Olaf Ludwig Cycling GmbH, das bis zum 31. Oktober 2006 das Team T-Mobile leitete. Darüber hinaus übernahm er verschiedene Funktionen beim Bund Deutscher Radfahrer. Er ist Experte für Themen wie den Radsport, aber auch Speaker für Motivation, Mindset oder Change. Zwischen dem Radeln und dem Verkauf von Wein ist der ehemalige Radler auch gern gesehener Gast auf Golfturnieren und duelliert sich mit anderen Ex-Sportlern.
Doppelt gewonnen
Gleich zwei olympische Goldmedaillen sicherte sich Heidemarie Ecker-Rosendahl, beide 1992, einmal im Weitsprung, einmal in der Staffel über 4 x 100 Meter. Zum Drüberstreuen gewann sie auch Silber im Fünfkampf. Interessant: Wie ihre Gold-Kollegin Nasse-Meyfahrt studierte sie Sport in Köln. Sie lebt heute in Leverkusen, war bis 2011 Geschäftsführerin eines Unternehmens für Ernährungswissenschaften und betrieb mehrere Sportstudios. Sie ist sehr beliebt, in Nordrhein-Westfalen war das „Glamourgirl“ von 1972 sogar Namensgeberin eines Cups, unterschiedlichste Golfclubs freuen sich, wenn sie vorbeikommt.
Der Mehrkämpfer
Überhaupt scheint so eine Goldmedaille an Menschen zu gehen, die sich nicht nur engagieren, sondern auch weit kommen. Christian Schenk etwa holte 1988 in Seoul nicht nur Gold im Zehnkampf, sondern gründete ebenfalls eine Agentur für Sport- und Gesundheitsmarketing. Er engagiert sich als offizieller Botschafter der SOS-Kinderdörfer oder im Verein Sportler für Organspende. Das Opfer von DDR-Staatsdoping golft ebenfalls gerne. Summa summarum zeigt sich hier eines: Goldmedaillengewinner nutzen die Popularität und das Hobby Golf, um Gutes zu tun.
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