Großes Golf am Großen Belt

Die dänische Insel Fünen lockt mit guter Küche, 123 Schlössern und über 250 Fairways.

Wenn ein Golfplatz stolze 70 Jahre alt ist, kann dies Segen und Fluch zugleich sein. Das musste Simon Møller, Manager des Sct. Knuds Golfklub im dänischen Nyborg gerade erfahren. Der „Gnade der frühen Geburt“ im Jahr 1954 verdankt es der Club ganz im Osten der Insel Fünen (dänisch Fyn), dass drei Bahnen des schönen Parklandkurses unmittelbar bis an den Sandstrand heranreichen. „Wir sind quasi ein dänisches Pebble Beach“, lacht Simon, „so etwas würde heutzutage gar nicht mehr genehmigt.“

Andererseits hat eine „Altersschwäche“ seines Golfplatzes, dessen abwechslungsreiche, leicht hügelige Fairways von dichtem Mischwald gesäumt werden, dem engagierten Golfmanager gerade seinen schönsten Traum vermasselt. Eigentlich stand schon fest, dass die Challenge Tour 2025 mit ihrem einzigen Turnier auf dänischem Boden erstmals auf dem zweitältesten Kurs Fünens Station machen würde. Die Kommission der Tour zeigte sich begeistert von dem Platz und dem Ambiente des Clubs nahe dem westlichen Ende des Storebæltsbroen, der insgesamt über 13 Kilometer langen Brücke über den Großen Belt, die Fünen mit der Insel Seeland (Sjælland) verbindet, auf der die Hauptstadt Kopenhagen liegt.   

Driving Range zu kurz

Doch dann fiel den Platztestern auf, dass die in die Jahre gekommene Driving Range von Sct. Knuds nur gut 200 Meter lang ist, mithin für heutige Longhitter-Erfordernisse 100 Meter zu kurz – aus der Traum vom Challenge-Tour-Turnier im kommenden Jahr. Auf das darf sich nun möglicherweise der Svendborg Golf Klub ganz im Süden von Fünen freuen. Dessen Verantwortliche wiederum mussten Ende Mai nicht weit reisen, um sich Ideen für das bis dato größte Event in der Clubgeschichte zu holen: Das dänische Challenge-Tour-Turnier 2024 wurde gerade im nahen Odense Eventyr Golfklub am Rande der Inselhauptstadt Odense ausgetragen. 

Damit sind Fünens Kapazitäten an Tour-geeigneten Golfplätzen freilich noch längst nicht erschöpft. Wer allein auf der „heimlichen Perle Dänemarks“ und ihren vorgelagerten Inseln der „dänischen Südsee“ wie Langeland und Ærø zwei Wochen Urlaub verbringen wollte, könnte in der ebenso hügeligen wie „hyggeligen“ (gemütlichen) Landschaft jeden Tag eine andere zauberhafte Golfanlage in Angriff nehmen – und das für überaus Reisekonto-schonende Greenfees ab 100 dänischen Kronen (13 Euro).

Schlösser, Obst und Wein

Dass Fünen auch für die Dänen selbst ein überaus beliebtes Ausflugs- und Urlaubsziel mit einem breiten Angebot an Hotelanlagen, Campingplätzen und Ferienhäusern darstellt, hat freilich noch mindestens 123 andere Gründe. Exakt so viele sehenswerte, teils märchenhafte Schlösser und Herrenhäuser zeugen davon, dass Fünen schon seit Jahrhunderten eine große Anziehungskraft auch auf die „Schönen und Reichen“ des Königreichs ausübt. Was kein Wunder ist; denn die Insel, die quasi das Bindeglied zwischen Jütland und Seeland darstellt, gilt als der schöne „Garten Dänemarks“, in dem praktisch alles wächst und prachtvoll gedeiht, von Getreide über alle möglichen Obstsorten bis zu Weinreben wie die des Stokkebye Vineyard, dessen gehaltvoller Pinot noir in Sternerestaurants von Stockholm bis Paris kredenzt wird. 

Holckenhavn Slot ist nur eines von 123 Schlössern auf der Insel Fünen.

Vor allem aber ist Fünen die ­Heimatregion des berühmten Märchendichters Hans Christian­ Andersen (1805–1875). In Odense ist das H. C. Andersens Hus, wo Dänemarks bekanntester Schriftsteller in ärmlichen Verhältnissen aufwuchs, ebenso ein Muss wie die modernen musealen Anbauten, in denen der Besucher auch auf faszinierende multimediale Weise in seine Märchenwelten um „Die kleine Meerjungfrau“, „Die Schneekönigin“ oder „Die Prinzessin auf der Erbse“ eintauchen kann. ­Andererseits präsentiert sich die Inselhauptstadt (195.000 Einwohner) in ihrem autofreien Zentrum mit historisch herausgeputzten Gassen so romantisch verwinkelt, dass Hans Christian Andersen den Ort seiner Kindheit wohl noch wiedererkennen würde.

Märchenhaft

Andersen, der einst auf Einladung seines Gönners König Friedrich VI. zahlreiche der schönsten dänischen Schlösser und Herrenhäuser besuchte, in denen Märchen wie „Des Kaisers neue Kleider“ und „Das hässliche Entlein“ entstanden, würde heute unter Garantie auch nach Kerteminde reisen. Der idyllische Fischerort im Nordosten Fünens erlebt gerade ein vom Golfsport geprägtes modernes Märchen der ganz besonderen Art.  

Im gesamten schier golfverrückten Dänemark (kleiner als Niedersachsen, gut halb so groß wie Österreich) mit seinen knapp 200 Golfanlagen war Kerteminde bis vor sieben Jahren die einzige Gemeinde ohne eigenen Golfplatz. Die nächste Spielwiese für Kertemindes Golfer war Sct. Knuds in Nyborg, unglaubliche 15 Kilometer weit entfernt. Das konnte so nicht bleiben, beschloss Thomas Kirk Kristiansen, der im schönen, beschaulichen Kerteminde einen seiner Wohnsitze hat.

Jack Nicklaus Design

Kristiansens Uropa Ole war der Erfinder der berühmten Lego-Steine und damit Gründer eines dänischen Großunternehmens mit geradezu märchenhafter Erfolgsgeschichte. Urenkel Thomas Kirk, seit 2020 in vierter Generation Chef des Lego-Imperiums, hatte keine kleine Spielerei im Sinn, als er 2010 beschloss, Kerteminde mit einem Golf­resort zu beglücken. In fünfjähriger Bauzeit entstand unter der Regie von Jack Nicklaus Design eine der imposantesten, herausforderndsten und luxuriösesten Golfanlagen Skandinaviens.

Dass „Great Northern“ seit der Eröffnung 2017 noch etwas „unterm Radar“ operierte, liegt daran, dass das Resort in Teilen immer noch eine Baustelle ist. Nach dem grandiosen Championship Course entstanden Schritt für Schritt ein riesiger Spa-Bereich, die mit modernster Technik ausgestattete Driving Range neben dem komfortablen Clubhaus und zuletzt noch ein Anbau an das modernistisch anmutende Hauptgebäude mit ausladender Sonnenterrasse unter den gewaltigen Spitzgiebeln.

Nah am Wasser gebaut sind viele Golfplätze auf Fünen. Great Northern macht keine Ausnahme.

DP World Tour kommt

Und wie bei Lego-Steinen gewohnt, wird in den kommenden Monaten kräftig weiter gebaut. Zu den bislang gerade einmal 15 luxuriösen Gäste-Apartments sollen 52 weitere hinzukommen, bis im Sommer 2026 Kerteminde vollends das Interesse und das Scheinwerferlicht der internatio­nalen Golfszene auf sich ziehen wird: In zwei Jahren wird erstmals die DP World Tour mit den Danish Golf Championships im Great Northern Golf & Spa Resort gastieren. 

Wie entstand doch vor 90 Jahren der Name „Lego“? Aus der Verkürzung der dänischen Worte „leg godt“. Frei übersetzt ins Deutsche: „Schönes Spiel!“.

Medianachweis: Wolfgang Weber

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