Grüne Fiesta in Augusta!

Für Jon Rahm beginnt das Masters 2023 mit einem 4-Putt-Doublebogey und endet völlig verdient mit dem Green Jacket.

Das erste Major des ­Jahres ist in vielerlei Hinsicht etwas ganz Besonderes. Denn wenn Anfang April im Augusta National Golf Club der Kampf ums grüne Jackett entbrennt, ist das für viele Profis und Fans der Auftakt in die neue Golfsaison. Ja, in der Vergangenheit wurde in Sachen Profigolf jede Menge Staub aufgewirbelt, und ja, das leidige Thema LIV vs. PGA Tour /DP World Tour machte natürlich auch vor dem heiligen Rasen in Augusta nicht halt.

Wenig Unruhe

Einen ersten Vorgeschmack sollte das Champions-Dinner von Titel­verteidiger Scottie Scheffler­ liefern, dem mit Phil Mickelson, Bubba Watson, ­Patrick Reed, ­Dustin Johnson und Sergio García­ gleich ein ganzer Schwung von LIV-Spielern beiwohnte. Die einzige Schlagzeile vom abendlichen Schmaus der ehemaligen Sieger war allerdings nicht der Rede wert, Phil Mickelson hatte wenig bis gar nichts gesprochen. Störfeuer gab es vor Beginn des Turniers eher aus anderen Richtungen. Gary Player,­ immer noch superfit und die 90 Lenze fest im Blick, mokierte sich darüber, dass er als ehemaliger Champion nie eine Startzeit für sich und seine Enkelkinder in Augusta bekäme, und verpasste dem Masters deshalb im Ranking der Majors hinter Open Championship, U.S. Open und PGA Championship den letzten Platz. Dennoch fand sich der „Black Knight“ brav zum Ceremonial Teeshot mit Jack Nicklaus und Tom Watson ein, und so konnte das Masters 2023 feierlich eröffnet werden.

Ganz viel Spektakel

Da sich das Wetter an den ersten beiden Tagen von seiner besten Seite zeigte, wurden tiefe Scores geschossen und die Patrons (so nennt man die Zuschauer und Fans beim Masters) mit reichlich Highlights versorgt. Golf stand ganz klar im Mittelpunkt, die Herren vom Augusta National GC wird es gefreut haben. Es wurden munter Rekorde eingestellt und gebrochen. Zuschauermag­net Tiger Woods schaffte zum 23. Mal in Folge den Cut, während Fred Couples (Sieger 1992) sich als ältester Spieler in der Historie des Turniers fürs Wochenende qualifizierte. Amateur Sam Bennett glänzte mit zwei 68er-Runden zum Auftakt und verzauberte die Patrons mit seinem unbekümmerten Spiel. Die letzten Worte seines an Alzheimer verstorbenen Vaters – „Don’t wait to do something“ – auf seinem linken Vorderarm tragend spielte sich der amtierende US-Amateur-Champion in die Herzen der Zuschauer. Deutlich weniger Glanzpunkte setzte hingegen Mitfavorit Rory McIlroy. Die Jagd nach dem Karriere-Grand-Slam endete für „Rors“ bereits nach 2 Tagen. Ein fragwürdiges Live-Interview während der Runde, in dem der Nordire sein Spiel analysierte, war das Einzige, was nach dem Cut von ihm übrig blieb.

Amateur Sam Bennett spielte sich in die Herzen der Fans.

Brooks wieder da

Apropos Cut, der ist ja nach der Netflix-Golf-Doku „Full Swing“ sowieso in aller Munde. Denn spätestens jetzt weiß jeder: Wer den Cut nicht schafft, darf am Wochenende nicht mehr ran und bekommt auch kein Geld. Es sei denn, er spielt auf der LIV-Golf-Tour, denn da gibt es so etwas gar nicht. Für Brooks Koepka war der Wechsel zur Konkurrenz, wie es auch in „Full ­Swing“ dokumentiert wird, recht logisch. Nachdem der Amerikaner 2017 bis 2019 gleich vier Majorsiege sammelte (zweimal U.S. Open und zweimal PGA Championship), kratzten immer wiederkehrende Verletzungen an seinem Image als eiskalter Trophäenjäger. Brooks war sich nicht sicher, ob er noch einmal zu alter Gesundheit und Stärke zurückfinden würde, doch in den letzten Monaten tat er es anscheinend doch. Und für seine golferische Wiederauferstehung hatte er sich das Masters ausgesucht. Seine markigen Worte aus der „Full Swing“-Doku: „Ich war so frustriert, 2022 den Cut verpasst zu haben, dass ich nicht mal weiß, wer überhaupt gewonnen hat. Doch nächstes Jahr hole ich mir den Sieg“, erschienen nach den ersten beiden Tagen im Augusta National Golf Club in einem ganz anderen Licht. Denn nach 65 und 67 Schlägen hatte der „alte“ Brooks Koepka die Führung im Turnier übernommen.­

Mit Brooks Koepka dürfte bei Majors in Zukunft wieder zu rechnen sein.

Heftiger Samstag

Einzig Viktor Hovland und Jon Rahm vermochten dem wie eine Maschine aufspielenden Amerikaner noch etwas entgegenzusetzen, und so sollte sich in den folgenden Tagen ein spannender Dreikampf um den Sieg entwickeln. Doch gerade als alles für ein festliches Golfwochenende gerichtet zu sein schien, kam das Wetter und machte dem munteren Treiben auf dem Platz einen satten Strich durch die Rechnung. Es regnete, es stürmte, die Temperaturen und sogar ein paar Bäume (zum Glück wurde tatsächlich niemand verletzt) fielen. Tiger Woods zollte dem Wetter­umschwung als Erster Tribut und musste schwerst angeschlagen aufgeben. Wie schwer sich die Profis mit den widrigen Witterungsbedingungen taten, zeigte das Leaderboard. Aus Eagles und Birdies wurden Bogeys und Doubles, Abschläge jenseits der 300 Meter endeten auf einmal in einer 260 Meter entfernten Pfütze. Da man im Augusta National Golf Club so ziemlich auf die beste Platz-Technologie zurückgreifen kann, die die Golfwelt zu bieten hat, konnte das Masters nach einem katastrophalen Samstag nebst Abbruch natürlich am Sonntag beendet werden. Dies bedeutete aber auch, dass es am Finaltag noch deutlich mehr Bahnen zu absolvieren gab als üblich, um die 72 vollzumachen.

Toller Finaltag

Für Amateur Sam Bennett, der in Runde 3 mit Rahm und Koepka einen Traumflight erwischte, endete das Masters mit dem geteilten 16. Rang und Standing Ovations am 18. Grün. Nicht nur der Jubel der Patrons, sondern auch die Reise nach Augusta muss dem jungen Mann wie ein Traum vorgekommen sein, als er in der Butler Cabin von Augusta-­National-GC-Chairman Fred Ridley als bester Amateur des Turniers ausgezeichnet wurde. „Es war immer mein Traum, hier zu spielen, ich kann es noch gar nicht glauben“, so Bennett. Highlights gab es am Sonntag, an dem auch die Sonne ihren Weg zurück auf den Platz fand, erfreulicherweise jede Menge. ­Sahith Thee­gala gelang an Loch 16 der Schlag des Tages, als er seine Version von Tiger Woods’ weltberühmten Chip-ins 2005 ablieferte. Dank einer 67er-Schlussrunde und Platz 9 hat der sympathische Amerikaner mit indischen Wurzeln nun auch schon das Ticket für Augusta 2024 in der Tasche.

Phil the thrill

Das größte Flightfeuerwerk des Finaltages lieferten Jordan Spieth und Phil Mickelson ab. Sage und schreibe 17 Birdies notierten die beiden Ex-Champions zusammen auf ihren Scorekarten und pflügten sich damit so richtig durchs Feld. Spieth belegte zusammen mit Patrick Reed und Lokalmatador Russel Henley den geteilten 4. Platz, während Mickelson Rekorde aufstellte. Seine spektakuläre 65er-Schlussrunde ist nicht nur die niedrigste Runde eines Spielers jenseits der 50 Jahre, sondern katapultierte ihn sogar auf den geteilten 2. Platz. Damit ist Mickelson auch der älteste Spieler in der Geschichte des Turniers, dem ein Top-5-Ergebnis in Augusta gelang. Großer Respekt also vor Phil Mickelson, der die ganze Woche unter dem Radar geflogen war, um dann zum Abschluss ein sportliches Highlight, das ihm wohl viele nicht mehr zugetraut hätten, abzuliefern.

Phil Mickelson setzte ein sportliches Ausrufezeichen.

Hovland lässt Federn

Aus dem Dreikampf ums grüne Jackett verabschiedete sich Viktor Hovland als Erster. Sichtlich genervt vom langsamen Spiel seines Flightpartners Patrick Cantlay, leistete sich Viktor einfach zu viele kleine Fehler, die ihm in der Folge gleich mehrere Schlagverluste einbrachten. Was von Hovland am Ende übrig bleibt, ist seine tolle 65er-Auftaktrunde im wahrscheinlich wildesten ­Polohemd der Masters-Geschichte und die Gewissheit, dass es nicht mehr lange dauern dürfte, bis ihm der ganz große Major-Wurf gelingt. Denn das Zeug dafür hat der sympathische Norweger auf jeden Fall.

Brooks wieder weg

Ob es nun am Samstagswetter lag oder an der vielleicht fehlenden Spielpraxis, Brooks Koepka wirkte die letzten 28 Bahnen wie ausgetauscht. Es war nicht mehr viel da vom selbstbewussten Führenden nach den ersten Tagen. Schon sein weit nach links verzogener Auftaktdrive in Runde 4 machte deutlich, Koepka hat Probleme. Nach 12 absolvierten Bahnen stand immer noch kein Schlaggewinn, dafür aber schon 4 Bogeys zu Buche, einfach zu wenig, um zu Ostern ins grüne Jackett zu schlüpfen.

Auftritt Jon Rahm

Vor allem nicht, wenn man mit Jon Rahm den zurzeit wohl bes­ten Golfer der Welt auf den Fersen hat. Rahm wirkte konzentriert und versuchte die vielen, vielen Gedanken, die durch seinen Kopf brausten, auszublenden. Vierter spanischer Masters-Sieger? Und das ausgerechnet am 66. Geburtstag von Golflegende Seve Ballesteros, der vor 40. Jahren seinen zweiten Sieg in Augusta feiern konnte? 28 Jahre alt? Genauso wie sein Mentor José María Olazábal, der rein zufällig mit 28 sein erstes Masters gewann, und das in dem Jahr, als Jon Rahm geboren wurde? Das konnte doch alles kein Zufall sein, oder? Egal was es war, Jon Rahm war von seiner Mission Green Jacket nicht abzubringen. Er machte bis auf das Double­bogey auf seiner allerers­ten Bahn so gut wie keine Fehler und übernahm in der Finalrunde Mitte der Frontnine die Führung vom schwächelnden Koepka, die er nicht mehr abgeben sollte. Es war ein unglaublicher Jubel, der Jon Rahm empfing, als er mit vier Schlägen Vorsprung auf seine letzte Bahn ging.

Wie einst Seve

Und als hätte er es geplant, beendete Jon das Turnier so, wie es Seve Ballesteros gefallen hätte. Abschlag wild links ins Gebüsch, Ball mit Glück im Rough gelandet, aber viel zu weit weg, um das Grün mit dem zweiten Schlag zu erreichen. Vorgelegt, und dann mit viel spanischem Gefühl an die Fahne gepitcht und den Putt zum Par versenkt. Es war ein toller Abschluss eines wirklich grandiosen Masters 2024, das mit Jon Rahm den würdigen Sieger fand. „Dieser Sieg ist für Seve. Ich hätte vielleicht niemals mit dem Golfen angefangen, wäre er nicht gewesen. Als er die Euro­päer 1997 in Valderrama als Kapitän zum Ryder-Cup-Sieg führte, war mein Vater vom Golfvirus gepackt“, so der frischgebackene Masters-Sieger. Der Rest ist Geschichte.

Medianachweis: Sportcom/Getty Images, Sportcomm/Getty Images

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