Homeoffice auf dem Golfplatz?

Berliner Start-up-Unternehmen Golfblocks macht’s möglich.

Der Härtetest kommt Mitte Juni. Wenn Europas Top-Golfe­rinnen vom 15. bis 18. Juni beim Amundi German ­Masters im Golf- und Country Club Seddiner See ihr Können zeigen, wird unweit von Clubhaus und Driving Range ein großer, weitgehend gläserner Kubus, eine Art transparenter Luxuscontainer namens „Putt“, viel Aufmerksamkeit auf sich ziehen.­ Das Gastspiel der Ladies European Tour, dessen Premiere im vergangenen Jahr nach dramatischem Finale die Schwedin Maja Stark gewann, ist die optimale ­Werbeplattform für das Berliner Start-up-Unternehmen Golfblocks. ­Während des Turniers wird Putt vor allem vom Social-Media-Team des Gastgeberclubs und für Podcast-Aufnahmen genutzt. Aber auch der Golf Management Verband Deutschland (GMVD) hat das Coworking-Modul bereits für eine Besprechung gebucht. 

Ja, wir sind ein Start-up, aber keines mit Mitte 20

Carolina Hinrichsen

„Ja, wir sind ein Start-up, aber keines mit Mitte 20“, unterstreicht Carolina Hinrichsen (44), dass ihre Geschäftsidee dem dringenden Bedürfnis entsprang, neben anstrengendem Berufsleben und Eltern­pflichten auch dem geliebten Hobby,­ dem zeitintensiven Golfspiel, noch Raum zu geben. Im wahrsten Sinne des Wortes. 

Ungestört arbeiten vor der Golfrunde

„Mein Mann und ich hatten die Idee, unsere Homeoffice-Tage hin und wieder auf die Golfanlage zu verlegen, um die langen Wegezeiten zu sparen“, verrät die Berlinerin. „Aber auf den Golfanlagen bestehen so gut wie keine vernünftigen Arbeitsmöglichkeiten.“ Wer im Clubhaus-Restaurant oder auf der Terrasse „diskret“ an einer Telefonkonferenz oder einem beruflichen Zoom-Meeting teilnimmt, macht sich schnell bei den umsitzenden Clubmitgliedern unbeliebt. 

So entstand das Business-­Modell der „Golfblocks“ – modularer Coworking-Spaces direkt auf der Golfanlage, die jeder, der sie braucht, fürs ungestörte Arbeiten oder für Besprechungen vor oder nach der Golfrunde mieten kann. Oder, wie es die Firmengründerin auch formuliert: „Die Driving Range mit Doppelnutzung – der Arbeitsraum mit Abschlagplatz vorne dran. Die drinnen arbeiten stören nicht die, die draußen golfen, und umgekehrt. Aber man ist ganz dicht dran und spart viel Zeit; und von den Kosten her ist es überschaubar.“

“Workspaces” unterschiedlicher Größe

Die Golfanlagen selbst werden nach der Vorstellung von Carolina Hinrichsen gleich in mehrfacher Hinsicht profitieren: „Die Golfbranche steht aktuell vor drei großen Herausforderungen: die Flächenproduktivität der Anlagen zu steigern, den Mitgliederschwund vor allem bei der mittleren Generation zu mindern und die geringe Auslastung in den Winter­monaten aufzufangen.“ Dass die Unter­nehmerin gedanklich und praktisch keine Luftschlösser bauen will, zeigen ihre eher bescheidenen kurzfristigen Marketingziele: „Wir würden gerne auf drei Anlagen bis zum Jahres­ende präsent sein.“ ­Immerhin mit einem Dutzend renommierter Golfanlagen – außer dem GCC Seddiner See – ist Golfblocks bereits in ernsten Verhandlungen, darunter Schloss Teschow und Schloss Wilkendorf im Berliner Raum sowie Gut Kaden und Green ­Eagle bei Hamburg. 

Dabei können die Workspaces, die auf den einzelnen Golfanlagen entstehen, in Form und Größe durchaus sehr ­unterschiedlich ausfallen. Das in Berlin-Wilmersdorf angesiedelte Start-up Golfblocks – übrigens ein reines Frauen-Unternehmen – hat seit Firmengründung im Februar 2021 diverse Architektur- und Design­spezialisten mit an Bord geholt, darunter Firmen wie Containerwerk Eins, Roomer-Cube und designfunktion. Je nach Bedarf können unterschiedliche Block-Modelle installiert werden, von 14 bis 25 Quadratmetern und mit zielgruppengerechten Namen von Putt über Chip, Pitch und Birdie bis Eagle und Albatros.

Niedrige Einstiegsschwelle

Längst nicht für alle Golf­anlagen kommt das Geschäftsmodell infrage. „Wir suchen natürlich ganz gezielt Anlagen aus, die entsprechende Zielgruppen und das Wachstums­potenzial haben, die stadtnah im urbanen Raum angesiedelt sind“, sagt Carolina Hinrichsen. Zugleich wird versucht, die Einstiegsschwelle für skeptische Golfanlagen-Betreiber bewusst niedrig zu halten: „Wir gehen mikroinvasiv in die Anlagen rein.“ Die modularen Blocks verursachen keine echten Baustellen, können verändert oder bei Bedarf umplatziert werden. Und die Golfblocks können
entweder von einer Golfanlage gekauft oder als Eigeninvest des Start-ups installiert werden. 

In jedem Fall übernimmt Golfblocks die Vermarktung. „Viel vertriebliche Power“ schuf sich das Unternehmen in den vergangenen beiden Jahren, indem die Berlinerinnen „enge, fast schon familiäre Bindungen zu allen wichtigen Verbänden und Netzwerken der Golfbranche geschaffen haben“, aber auch zu Wirtschaftsverbänden wie dem Verein Berliner Kaufleute und Industrieller (VBKI), in denen auch viele aktive Golfer organisiert sind. Auch diverse Social-Media-Kanäle werden von Carolina Hinrichsen und ihren Mitstreiterinnen intensiv genutzt, um die innovative Geschäftsidee nach außen zu tragen.

Modulare Blocks in Villen-Vorgärten

Ein ebenso interessanter wie unerwarteter Nebeneffekt: „Das Konzept hat inzwischen auch starke Strahlkraft über die Außengrenzen der Golf­plätze hinaus entwickelt“, so die Chefin. „Wir bekommen viele Anfragen aus dem Hospitality- und Event-Bereich und aus Unternehmen.“ Und sieben ­private Vorgärten in Berliner Villengegenden wurden von Golfblocks und ihren Partnerfirmen bereits mit schicken modularen Blocks verschönert – Home­office nicht im privaten Arbeitszimmer, sondern draußen im Garten zwischen Zierrasen und Blumenrabatten. Jedem, wie’s gefällt bei der Work-Life-Balance …

Medianachweis: golfblocks (3)

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