im digitalen ryder-rausch

Wenn Likes zu Lautsprechern werden — der Ryder Cup 2025 und die neue Macht der sozialen Medien.

Es war nicht nur ein Golfturnier. Es war ein globales Medienereignis, multipliziert durch Millionen Smartphones, Memes und Meinungen. Der Ryder Cup 2025 auf Bethpage Black zeigte, wie sehr sich die Bedeutung sozialer Medien im Golfsport verschoben hat. Längst geht es nicht mehr nur um Highlights und Ergebnisgrafiken – sondern auch um Narrative, Emotion und Reichweite. Wer online laut ist, prägt heute das Turniergefühl ebenso wie jene, die auf dem Platz Geschichte schreiben. Nie zuvor wurden Emotionen, Meinungen und Kontroversen so unmittelbar und global multipliziert wie in der Woche, in der Europa triumphierte und Amerika sich selbst hinterfragte.

internet läuft heiss

Schon am Freitagmorgen zeichnete sich ab, dass der diesjährige Wettbewerb nicht nur sportlich brisant werden würde. Während die Spieler die ersten Abschläge setzten, lief auf X (ehemals Twitter) der Hashtag #RyderCup bereits heiß. Tausende Clips von den Rängen, Fanreaktionen in Echtzeit und ständige Updates der Teams selbst machten den Auftakt zu einem ­Social-Media-Spektakel, das in seiner Wucht an große Sportereignisse wie den ­Super Bowl erinnerte.

Besonders eindrucksvoll war der Umgang der europäischen Mannschaft mit der digitalen Öffentlichkeit. Shane Lowrys­ Tränen nach seinem entscheidenden Putt wurden von Ryder Cup ­Europe in einem simplen, aber perfekten Post festgehalten: „Speechless, Shane“. Zwei Worte, ein ­Video – mehr brauchte es nicht, um die Welle der Sympathie auszulösen. Millionenfach geteilt, millionenfach kommentiert. Sogar der offizielle Twitter-Account des Dublin Airport postete kurz darauf ein Bild des Terminal-Eingangs mit neuem Schriftzug: „Shane Lowry Airport“, kommentiert mit den Worten „We might just have to …“.

ausser kontrolle

Der Ryder Cup 2025 wurde aber nicht nur durch spektakuläre Drives und knappe Matches geprägt, sondern auch durch das Verhalten der Zuschauer. Videos, in denen Fans Spieler beleidigten oder gar mit Getränken bewarfen, verbreiteten sich in Sekunden weltweit. Besonders ein Clip, in dem McIlroy mit einer homophoben Beschimpfung konfrontiert wurde, sowie ­einer, wo seine Frau Erica mit einem Drink beworfen wurde, sorgten für Empörung.

Golf-Influencerin Paige Spiranac reagierte prompt: „Throwing a drink is absolutely unacceptable. Life ban.“ Ihr Kommentar traf den Nerv der Community und brachte das Thema Anstand im Sport zurück auf die Agenda. Doch Spiranac zeigte in derselben Woche auch eine andere ­Seite der Social-Media-Dynamik.­ Mit einem augenzwinkernden Post, der viral ging, schickte sie eine patriotische Botschaft an das US-Team: „USA needs some good vibes heading their way. Just ­doing what I can. Go USA.“
Dazu postete sie ein Foto im knappen Stars-&-Stripes-Bikini – ein Beitrag, der die Gefühlswelt ihrer Fans in Wallung versetzte.

Zum Fanverhalten in Beth­page schaltete sich übrigens auch US-Legende Tom ­Watson ein – nicht auf einer Pressekonferenz, sondern mit einem Statement auf X: „As an American, I am ashamed of what happened.“ Worte, die mehr Wirkung entfalteten als jede offizielle Entschuldigung.

schlagabtausch

Auch Donald Trump, der am Freitagnachmittag als erster  amtierender US-Präsident persönlich den Ryder Cup besuchte, fand sich plötzlich mitten im Geschehen wieder. Nachdem das siegreiche Team Europe mit der Trophäe skandierte: „Are you watching, Donald Trump?“, reagierte „The Donald“ auf seiner Plattform Truth Social mit einem knappen: „Yes, I’m watching. Congratulations!“
Ein digitaler Schlagabtausch, der sofort viral ging.

Hinter der Emotionalität steht eine professionelle Strategie. Die offiziellen Ryder-Cup-Kanäle arbeiten längst wie digitale Redaktionen: in Schichten, mit Social-­Listening-Teams, die Trends in Echtzeit erkennen, und Videoproduzenten, die Momente für TikTok und Reels maßschneidern. Der ­Ryder Cup ist nicht mehr nur ein Sportevent – er ist Content.
Während frühere Generationen am Montagmorgen die Zeitung aufschlugen, um das Ergebnis zu erfahren, erlebte man 2025 jeden Schlag live im Handy-Display – kommentiert, geteilt, gefiltert. Die Distanz zwischen Spieler und Fan ist praktisch verschwunden. Und mit ihr auch die Kontrolle darüber, was viral geht.

die neue bühne

Für viele Profis sind Social Media heute mehr als ein Kommunikationskanal – nämlich Bühne, Ventil und Identitätsstifter. Zwar halten sich Stars wie Rory McIlroy oder Tiger Woods auf ­Social Media auffallend zurück. Deren Accounts dienen vor allem offiziellen Statements oder Sponsorpartnern, selten persönlichen Einblicken. Ganz anders agiert ­Bryson DeChambeau: Der US-Long­hitter inszeniert sich bewusst virtuos in eigenen Kanälen, teilt Trainingsroutinen, Reak­tionen und Emotionen direkt mit seinem Publikum. Er ist damit das Symbol einer Generation, die Nähe und Selbstvermarktung als Teil des Spiels versteht – und beim Ryder Cup 2025 gehörte er mit zu den lautesten Stimmen auch abseits des Platzes.

Diese Nähe hat aber in der Regel zwei Seiten: Sie schafft Bindung, öffnet aber auch Türen für Missverständnisse und Shitstorms. Die Grenzen zwischen sportlichem Wettbewerb und öffentlicher Meinung sind im Laufe der Zeit fließend geworden. Ein provokanter Jubel oder ein emotionaler Ausbruch wird binnen Sekunden millionenfach seziert – von Fans, Medien und den Spielern selbst. Beim Ryder Cup 2025 in Bethpage wurde das nun deutlicher denn je!

Medianachweis: © Sportcomm / Getty Images

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