Bis vor wenigen Jahren stand die Frage im Raum, ob Golf Teil des Programms der Olympischen Sommerspiele sein soll. Die Frage wurde schlussendlich von den Entscheidungsgremien mit Ja beantwortet, und seit 2016 ist Golf (wieder) eine olympische Disziplin, bei der sowohl bei den Damen als auch bei den Herren Gold, Silber und Bronze vergeben werden. Warum „wieder“? Golf war tatsächlich bereits bei den Olympischen Spielen der Neuzeit, bei den Spielen 1900 und 1904, Teil des Programms.
Die Anfänge 1900 & 1904
Für die Spiele 1900 in Paris wurden zwei Golfbewerbe vom IOC als olympisch anerkannt: einer für Damen und einer für Herren. Auf dem 9-Loch-Platz der Société du Sport in Compiègne, einem Ort 80 km nördlich von Paris, spielten die Damen eine Runde, die Herren vier. Es nahmen insgesamt 22 Golfer teil, 10 Damen und 12 Herren. Die US-Amerikaner Charles Sands und Margaret Abbott wurden erste Olympiasieger, wobei Abbott zeit ihres Lebens sich dieser Leistung überhaupt nicht bewusst war, da der von ihr gewonnene Wettbewerb erst nach ihrem Tod offiziell als Teil des olympischen Programms anerkannt wurde. Vier Jahre später in St. Louis wurde der Damen-Wettbewerb durch einen Mannschaftswettbewerb ersetzt. Gespielt wurde im Glen Echo Country Club auf einem Platz mit 18 Löchern. Am Einzelwettbewerb nahmen 75 Herren teil. Gold gewann überraschend George Lyon, einer der drei teilnehmenden Kanadier. Alle anderen Teilnehmer kamen aus den USA. Danach fiel der Golfsport in einen mehr als 100 Jahre dauernden Dornröschenschlaf und wurde erst zu den Olympischen Sommerspielen 2016 wieder zum Leben erweckt.
Rückkehr in Rio
Auf der 121. IOC-Sitzung am 9. Oktober 2009 in Kopenhagen wurde Golf wieder in das olympische Programm aufgenommen. Ty Votaw, Executive Vice President of Communications and International Affairs und Vizepräsident der International Golf Federation, sowie Peter Dawson, Präsident des IGF und Geschäftsführer von The R&A, waren die Vorreiter bei der Wiedereinführung des Golfsports als olympische Disziplin.
Bei den Olympischen Sommerspielen 2016 in Rio de Janeiro, Brasilien, kam es zur vielbeachteten Rückkehr des Golfsports. So wurde sowohl bei den Damen als auch bei den Herren ein Zählwettspiel über vier Tage mit jeweils 60 Athletinnen und Athleten abgehalten. Austragungsort war der komplett neue Campo Olímpico de Golfe, der innerhalb der Reserva de Marapendi in der Zone Barra da Tijuca von Architekt Gil Hanse errichtet wurde. Während viele Topspieler aufgrund des Zika-Virus von einer Teilnahme Abstand nahmen, krönten sich Justin Rose (England) und Inbee Park (Südkorea) zu den ersten Olympiasiegern der Moderne.
Maskenspiele in Tokio
Auch die folgenden Sommerspiele in Tokio 2020 wurden von einem Virus überschattet, wobei die Covid-Pandemie sogar zu einer Verschiebung des Olympia-Spektakels um ein Jahr auf 2021 führte. Die „Maskenspiele“ in Japan, die von höchsten gesundheitlichen Sicherheitsvorkehrungen begleitet wurden und weitgehend unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfanden, brachten bei den Golfern einen US-amerikanischen Doppelschlag. Nelly Korda bei den Damen und Xander Schauffele bei den Herren holten sich auf dem East Course des Kasumigaseki Country Club Gold.
Spektakel Paris?
In Paris sollen diesen Sommer nun endlich wieder „normale“ Olympische Sommerspiele stattfinden, und mit dem Le Golf National wartet ein überaus spektakulärer Golfplatz auf die insgesamt 120 Golf-Olympioniken. Der Albatros Course ist nicht nur jedes Jahr Austragungsort der Open de France, sondern war 2018 auch Schauplatz des legendären Ryder Cup, der als einer der besten aller Zeiten in die Geschichte einging und mit einem epochalen Triumph der Europäer endete. Der Platz wurde von den Architekten Hubert Chesneau und Robert von Hagge in Zusammenarbeit mit Pierre Thevenin entworfen und befindet sich in Guyancourt, südwestlich der Pariser Innenstadt.
Als Mitfavoriten werden auch in diesem Jahr wieder die Titelverteidiger Nelly Korda und Xander Schauffele gehandelt. Daneben könnten aber auch die deutschsprachigen Teilnehmer für die eine oder andere Überraschung sorgen.
Aussenseiterchancen
Für das Elite Team Germany gehen der Houston-Open-Champion Stephan Jäger und Matti Schmid sowie Esther Henseleit und Alexandra Försterling ins Rennen. Für Österreich startet Ryder-Cup-Held Sepp Straka, während Routinier Bernd Wiesberger trotz Qualifikation auf eine Teilnahme verzichtet. Emma Spitz und Sarah Schober, die in letzter Minute ins Feld rutschte, komplettieren das rot-weiß-rote Aufgebot in Paris. Für die Schweiz teet mit Joel Girrbach erstmals in der Geschichte ein männlicher Eidgenosse bei einem olympischen Golfbewerb auf. Bessere Chancen auf Edelmetall werden jedoch den beiden Westschweizer Damen Albane Valenzuela und Morgane Métraux eingeräumt.
Olympische Sommerspiele Paris 2024
- Austragungsort: Albatros Course im Le Golf National
- Programm: Herren-Golfbewerb: 1.–4. August 2024 / Damen-Golfbewerb: 7.–10. August 2024
- Teilnehmer aus D-A-CH: Stephan Jäger (Deutschland), Matti Schmid (Deutschland), Esther Henseleit (Deutschland), Alexandra Försterling (Deutschland), Sepp Straka (Österreich), Emma Spitz (Österreich), Sarah Schober (Österreich), Joel Girrbach (Schweiz), Albane Valenzuela (Schweiz), Morgane Métraux (Schweiz)
Medianachweis: IGF