scottie in cruise control  

Die Nummer eins der Welt spielt die Konkurrenz im Quail Hollow Golf Club in Charlotte einfach mal in Grund und Boden.

Mit viel Spannung wurde das zweite­ Major des Jahres­ im amerikanischen Charlotte in North Carolina­ erwartet, boten sich den Golffans im Vorfeld der PGA Championship doch jede Menge Anzeichen für ­einen richtigen „Clash of the ­Titans“.  

Rory vs. bryson vs. scottie

Zu den Titanen dieses Sports zählen zurzeit mit Sicherheit Rory McIlroy, Scottie Scheffler und Bryson DeChambeau, und so wäre ein Dreikampf um die Wanamaker Trophy auf jeden Fall ganz nach dem Geschmack der veranstaltenden Professional Golfers’ Association of America gewesen. Mit dem polarisierenden DeChambeau und dem kaltschnäuzigen Scheffler auf der Seite der USA und dem feurigen „Grand Slammer“ McIlroy auf der Seite von Good Old Europe befanden sich alle 3 Protagonisten auf jeden Fall in absoluter ­Topform. Überhaupt wurde­ das Duell USA vs. Europa im Vorfeld des Turniers vielleicht bewusst ein wenig hochstilisiert. 

Jhonattan Vegas hielt die Fahne für Venezuela hoch.

Die USA MÜSSEN Langsam abliefern

Klar, der Ryder Cup in New York in diesem Jahr schlägt bereits einige Wellen, und die Mannen um US-Kapitän Keegan Bradley befinden sich alles andere als in guter Form. Nach der Klatsche von Rom ist man im USA-Lager gewarnt und sucht händeringend nach Spielern, die neben einem Scottie Scheffler und Bryson DeChambeau bestehen können. Schaut man auf die Siegerliste der wichtigsten Turniere auf der PGA Tour in dieser Saison und sieht man die vielen verschiedenen europäischen Siegerfähnchen aufpoppen ,muss man ganz klar sagen, dass Team Europe in Sachen Form momentan die Nase meilenweit vorne hat. Quail Hollow sollte ein Weckruf für die Local Heroes werden. Am liebsten Jordan Spieth als „Grand Slam“-Antwort auf Rory McIlroy oder Justin Thomas als dreifachen Champion für die Stars and Stripes. 

Erst einmal vegas, Baby!

Das Rampenlicht im Quail Hollow Golf Club beanspruchte in den ersten Tagen ein gewisser Jhonattan Vegas für sich, der auf dem schwierigen Setup mit einer fast schon unglaublichen 64er-Auftaktrunde glänzen konnte. Die Konkurrenz horchte auf, war Vegas doch als vierfacher PGA-Tour-Sieger als ein durchaus ernst zu nehmender Gegner zu betrachten. Sollte etwa ein 40-jähriger Venezolaner dem großen Trio einen Strich durch die Rechnung machen und sich zum Überraschungssieger krönen? Die Antwort darauf lautete: Nein.  Und auch wenn „Jonny“ im weiteren Verlauf des Turniers nicht mehr ganz an seine glänzende Auftaktrunde anknüpfen konnte, sprang am Ende mit dem geteilten fünften Platz ein wirklich solides Resultat für „Jonny Vegas“ heraus. 

viele Favoriten scheiden aus

Bei einem Blick auf das Leaderboard nach den ersten zwei Tagen war dann auch die Sache mit dem Duell USA vs. Europa schon wieder ganz schnell vom Tisch. Mit Ludvig Åberg, Sepp Straka, ­Shane Lowry, Justin Rose sowie Thomas und Spieth waren bereits so viele Hochkaräter aus dem Turnier ausgeschieden, dass man sich nun wieder auf das große Trio konzentrieren konnte. Und in diesem machte Rory McIlroy leider keine gute Figur. 

rory mit problemen

Im Vorfeld der PGA Championship gab sich Rory ob ­seiner unglaublich guten Statistik in Quail Hollow fast schon ein wenig zu siegessicher. „Der Platz schaut eigentlich aus wie immer, vom Setup her kommt er mir vor wie ein normales PGA-Tour-Turnier“, entfuhr es dem frischgebackenen Grand-Slam-Sieger. In den Augen der Veranstalter war das natürlich ein Major-Affront, und so war man auf der Seite der „Gastgeber“ richtig angefressen. Doch die schon fast ein wenig selbst gewählte Rolle des Topfavoriten stand Rory McIlroy in dieser Woche irgendwie nicht. Schon gar nicht nach einer Auftakt­runde von 74 Schlägen. Zwar qualifizierte sich „Rors“ dank einer 69er-Runde am Freitag für das Wochenende, mit dem Titel allerdings hatte er zu diesem Zeitpunkt schon gar nichts mehr zu tun. „Irgendwie fehlt es bei ihm diese Woche an allem. Sein Spiel wirkt nicht so wie in Augusta. Er scheint mir weniger konzentriert und vor allem fokussiert“, so Experte Paul McGinley über seinen Landsmann. „Mit dem Masters-Sieg wurden so viele Emotionen freigesetzt, das muss man erst einmal verkraften, und ich glaube, Rory braucht hier ganz klar erst einmal wieder einen Reset“, so der ehemalige Ryder-Cup-Kapitän von Team Europe weiter.  

Bryson DeChambeau war in Sachen Wind einfach ratlos.

Bryson und der wind

Mit dem besten Europäer in den Seilen hängend war der Weg frei für die Amerikaner, sich den ersten Major-Titel­ in diesem Jahr unter den ­Nagel zu reißen. Auftritt ­Bryson DeChambeau. Mit seiner unglaublichen Länge vom Tee und den Fans im Rücken schickte sich der „Professor“ an, Major-Titel Nummer drei unter Dach und Fach zu bringen. Doch dann machte ihm das ständig wechselnde Wetter im Quail Hollow Golf Club so richtig zu schaffen. „Ich habe mittlerweile gelernt, mit schlechten Bedingungen wie Regen gut umzugehen. Das Einzige, was ich in meiner Karriere nie gut konnte, war, bei Wind zu spielen“, so Bryson. Und ebendieser Wind sorgte dafür, dass der Amerikaner ein ums andere Mal  katastrophale Fehlschläge produzierte. „Ich habe da einfach keine Geduld. Und die sollte man sich gerade bei Wind wirklich nehmen. Dazu kommt noch, dass mein Ballflug sehr hoch ist, und das erschwert die Kalkulation ebenfalls“, so DeChambeau, den der hartnäckige Wind am Ende auf den geteilten zweiten Platz mit Landsmann Harris English wehte. 

Scheffler einfach zu gut

Für ein mögliches Stechen um den Sieg aber fehlte­ ­sowohl English als auch ­DeChambeau viel. Ganze fünf Schläge, um genauer zu sein, wären nötig gewesen, um sich in einem Playoff mit der Nummer eins der Welt wiederzufinden. Während Quail Hollow für die meisten Profis bei den wechselnden Bedingungen eine echte Herausforderung darstellte, cruiste Scottie durch seine Turnierrunden. Sollte ihm einmal einer seiner wenigen Fehler unterlaufen, konterte Scheffler postwendend mit Schlaggewinnen. So wie in Runde 3, als der zweifache Masters-Sieger mit Bogeys auf der 11 und 13 leicht ins Wanken geriet. Was dann folgte, war einer der besten Golf-Stratches in Scottie Schefflers Karriere. Eagle 14, Birdie 15, 17 und 18, fünf unter Par auf den letzten fünf Bahnen. Golf zum Zungeschnalzen und für die Konkurrenz schon so etwas wie ein Todesstoß. 

jon Rahm versucht es zumindest

Mit drei Schlägen Vorsprung ging Scottie Scheffler dann am Sonntag auf seine Finalrunde, und wer hätte ihn in dieser Form am Ende noch abfangen sollen? Jon Rahm, der anscheinend wieder große Lust hat, sich mit seinen alten Kollegen zu messen, startete zumindest den Versuch. Und als Scottie Scheffler tatsächlich noch einmal zu straucheln schien, witterte der Spanier seine Chance und lag nach Birdies auf 8, 10 und 11 zwischenzeitlich gleichauf in Führung. Doch am Ende zerstörte die berühmte Green Mile von Quail Hollow (16–18) Rahms Traum auf den zweiten Major-Titel. Und auch wenn er mit Bogey, Double, Double­ ein wirklich ganz bitteres Ende hinnehmen musste, zeigte sich Rahm mit seiner Leistung insgesamt sehr zufrieden.
„Ob ich mich für dieses Finish schäme? Auf jeden Fall. Aber es ist nicht das Ende der Welt. Ich werde darüber hinwegkommen und weitermachen. Mein Spiel fühlte sich jedenfalls sehr gut an diese Woche“, so der Spanier.

Jon Rahm fand in Quail Hollow zurück in die Spur.

scottie ist auf jeden fall zufrieden

Richtig gut anfühlen muss es sich, wenn man mit so einer Leichtigkeit Golf spielen kann wie Scottie Scheffler. Nachdem sich Jon Rahm im wahrsten Sinne des Wortes verabschiedet hatte, spielte Scottie seelenruhig seinem dritten Major-Titel entgegen. Birdies auf den Bahnen 10, 14 und 15 lösten jegliche Zweifel an seinem Sieg in Luft auf, und so konnte sich Scheffler auf dem finalen Grün sogar den Luxus eines Bogeys leis­ten, um trotzdem mit satten fünf Schlägen Vorsprung zu gewinnen. „Ich war ein wenig nervös heute, aber man arbeitet ja schließlich auch sein Leben lang darauf hin, solche Turniere zu gewinnen. Es war eine wirklich harte Woche, und ich glaube, so hart musste ich noch nie für einen Sieg kämpfen. Die ersten beiden Tage habe ich eigentlich nicht gut gespielt und es trotzdem irgendwie geschafft, einen guten Score abzuliefern. Mein Finish in Runde drei war ­natürlich richtig gut, und ich war sehr froh, mir dadurch einen Vorteil für die Finalrunde zu verschaffen. Die Backnine heute war auch ­ordentlich, aber ich hatte zwischenzeitlich vielleicht einfach zu viel Vorsprung und habe das dann vielleicht ein wenig zu locker genommen“, so Scheffler über seinen dritten Major-Titel. 

das geheimnis des  extragangs

Und dann sagt Scheffler noch diesen Satz, mit dem sich sein Golfspiel in den letzten Jahren wohl am besten bezeichnen lässt: „We stepped up when we needed to.“ Was so viel bedeutet wie: „Als es um die Wurst ging, haben wir Gas gegeben.“ Genau dieses Talent hatten einst auch ein Jack Nicklaus und ein Tiger­ Woods, quasi im wichtigsten Moment ihrer Runden ihr ­bestes Golf abzuiefern. „Es ist auch für mich immer wieder erstaunlich. Jedes Mal, wenn ihm jemand auf dem Leaderboard gefährlich wird, schaltet er einen weiteren Gang hoch. So nach dem Motto: Nein Kollege, du wirst mir hier nicht mehr gefährlich“, beschreibt es Schefflers Caddie Ted Scott aus seiner Perspektive. Und als Familie Scheffler nach Scotties drittem Major-Sieg ganz gemütlich Siegerfotos schoss, war der Clash of the Titans zugunsten der Nummer eins längst entschieden. 

Medianachweis: ©Sportcomm / Getty Image

Total
0
Shares
0 Share
0 Tweet
0 Share
0 Share
0 Share
0 Share
0 Share
0 Share
Prev
„WIR HABEN DAS BESTE ZU BIETEN“

„WIR HABEN DAS BESTE ZU BIETEN“

Die DP World Tour kehrt diese Woche nach vier Jahren wieder zurück nach

Next
Majors auf Männerbühnen

Majors auf Männerbühnen

Mehr Drive für die Damen

Das könnte dich auch interessieren
Total
0
Share