Am Drago Millenario war, aus Sicht der allermeisten Insel-Touristen betrachtet, schon immer meistens Schluß mit lustig. Der älteste und berühmteste Drachenbaum Teneriffas – der zwar nicht, wie sein leicht übertreibender Name behauptet, tausend, aber immerhin gut sechshundert Jahresringe zählt – dieses vielbewunderte Prachtexemplar eines Drachenbaums also, am Rande der romantischen Altstadt von Icod de los Vinos, zählt seit eh und je zu den absoluten „must see“-Attraktionen auf Teneriffa.
Aber das war‘s dann auch. Noch weiter in den abgelegenen Nordwesten der Insel, die sogenannte ‚Isla Baja‘, verirrte sich nur selten ein Touristenbus. Allenfalls ein paar Wanderer, Backpacker der Abenteuer-suchenden Art, drangen vor bis Buenavista del Norte, den westlichsten Ort Teneriffas, um von dort aus den Parque Rural de Teno im zerklüfteten, geologisch ältesten Gebirge der Insel zu erkunden. Buenavista, schöne Aussicht – aber touristisch nahezu eine unentdeckte „terra incognita“.
Severianos Meisterstück
Bis Severiano Ballesteros kam. Im Auftrag privater Investoren schuf Spaniens Golf-Heroe – knapp zehn Jahre vor seinem viel zu frühen Tod 2011 – hier, im entlegensten und strukturschwächsten Zipfel der seit einem halben Jahrhundert hauptsächlich vom Tourismus lebenden größten Kanaren-Insel sein Meisterstück als Golfplatz-Designer, auf einer ehemaligen Bananenplantage direkt oberhalb der Felsküste. Weniger dem Namen als der spektakulären Lage des Platzes ist es geschuldet, daß Buenavista Golf seit Eröffnung der Anlage im Herbst 2003 zu den besten Golfplätzen ganz Spaniens gezählt wird. Eingefleischte Ballesteros- und Buenavista-Fans vergleichen den Platz nur zu gerne mit dem berühmten Pebble Beach an Kaliforniens ähnlich rauher Küste.
Vier Bahnen führen unmittelbar zum Klippenrand, und wie auf keinem anderen Platz der Kanaren spürt man hautnah unbändige Naturgewalt, wenn die Brandung machtvoll auf die schwarzen Felsen trifft und die Gischt nicht selten die Konzentration beim Putten durch eine erfrischende Meerwasser-Dusche unterbricht.
Endlich Licht am Ende des Tunnels
Trotz aller herausragender Qualitäten ist Buenavista Golf bis dato von den acht 18-Loch-Golfplätzen Teneriffas derjenige, auf dem es – wegen der Abgeschiedenheit und der großen Entfernung zu den touristischen Ballungszentren im Süden der Insel – noch am leichtetesten ist, auch kurzfristig nahezu jede gewünschte Startzeit zu buchen.
Ginge es immer nach dem Willen der Verkehrspolitiker der halbautonomen Regionalregierung der Kanaren in der Inselhauptstadt Santa Cruz, wäre damit schon vor etlichen Jahren Schluß gewesen. Gefühlt seit Menschengedenken planen sie die Vollendung des Autobahnrings – einmal rund um den größten Teil der Insel in kaum zwei Stunden. Aber das sehen auf Teneriffa längst nicht alle so. Bürgerproteste und Unterschriftenaktionen bremsten die Straßenbauer jahrelang noch mehr aus als die schwierigen topografischen Verhältnisse im Nordwesten der Insel. Zeitweise fürchteten die Verkehrsplaner gar, beim kompliziertesten Teilprojekt, einer fast sechs Kilometer langen Tunnelröhre durch’s schroffe Gebirge, werde man das „Licht am Ende des Tunnels“ womöglich niemals sehen.
Doch mittlerweile ist Land in Sicht. Zwar endet wie vor Jahr und Tag die Südautobahn TF-1, die Autopista del Sur de Tenerife, die Santa Cruz mit den Touristenzentren im Süden und Südwesten der Insel verbindet, nach 103 Kilometern abrupt im Bergdorf Santiago del Teide. Und die Nordautobahn TF-5 kommt allen langjährigen Planungen zum Trotz über Los Realejos nahe Puerto de la Cruz nicht nach Westen voran. Zwischen den beiden Autopista-Enden klafft weiter eine fast 50 Kilometer lange Lücke, die es auch in Zukunft auf kurvenreichen Landstraßen mit deutlich gedrosseltem Tempo zu überwinden gilt.
Doch immerhin werden der lange Tunnel und etliche andere neue Teilstücke die meisten der bis dato nicht nur nervenden, sondern auch gefährlichen Serpentinen und Haarnadelkurven zwischen Erjos und Santiago del Teide überflüssig machen. Voraussichtlich im nächsten Jahr wird sich die Fahrzeit auf der Nordwest-Route um mehr als eine halbe Stunde verkürzen – und in Buenavista Golf dürften entsprechend die Startzeiten knapper werden.
Fünf Monate Golf-Pause
Leider ein Jahr zu spät, werden viele Gäste des Abama Ritz-Carlton, des führenden Luxus-Golfresorts Teneriffas, bedauernd feststellen. Sie würden sich schon in diesem Sommer eine schnellere Verbindung zur begehrten Ballesteros-Spielwiese in Buenavista del Norte wünschen. Denn der Resort-eigene, von Dave Thomas entworfene Golfplatz des Abama ist ab dem 26. April für geschlagene fünf Monate „closed for course maintenance“. Auch für das Clubhaus mit seiner großartigen Aussichtsterrasse, von der man einen berauschenden Blick aufs Meer und hinüber zur oft von einem schneeweißen Wolkenkranz gezierten gebirgigen Nachbarinsel La Gomera genießt, gilt bis 29. September „todo cerrado“ – es wird fleißig umgebaut und renoviert. Nur Driving Range und Golfakademie sind in dieser Sommersaison funktionabel.
Hoher Promifaktor
Eine solche golferische Durststrecke hätten die Betreiber des Gran Hotel Abama Resort&Spa gerne vermieden. Seit seiner Eröffnung 2007 schreibt das vom in Marbella lebenden bolivianischen Stararchitekten Melvin Villaroel im maurischen Stil entworfene Luxus-Resort eine derartige Erfolgsgeschichte, daß man insbesondere der stetig wachsenden Golfer-Klientel kaum noch Herr wird. Dazu trägt neben 25.000 Palmen und 23 Seen und Tümpeln auf der Anlage auch ein extrem hoher Promifaktor bei: Unzählige Sport-, Show- und Polit-Stars von Franz Beckenbauer über Heiner Lauterbach bis Ex-US-Präsident Bill Clinton haben von Tee 1 neben dem in bester Panoramalage hoch über dem Atlantik gelegenen Clubhaus schon genüßlich abgeschlagen.
Obwohl auf dem Dave Thomas-Kurs – insbesondere von externen Gästen – Greenfees um 200 Euro aufgerufen werden, die weit über denen aller anderen Golfplätze rund um die Massentourismus-Hochburgen Las Americas und Los Christianos liegen, sind auf dem Abama-Course Startzeiten oft nur mit langfristiger Voranmeldung zu bekommen.
Luxusresort will expandieren
Ginge es allein nach den Eigentümern des Abama, verfügte das Luxusresort hoch über der Westküste schon seit Jahren über einen zweiten Championship-Golfplatz. Und was die spanische Polanco-Familie will, das bekommt sie in aller Regel auch. Ihr gehören neben etlichen Luxushotels auch erhebliche Anteile des von Jesús Polanco 1972 gegründeten größten Medienkonzerns Spaniens. Dazu zählen unter anderem die Tageszeitung El Pais, die Sportzeitung Diario As sowie etliche Radiosender. 70 Hektar an den bestehenden Golfplatz angrenzendes, landwirtschaftlich genutztes Gelände zu erwerben sollte für eine der mächtigsten Familien Spaniens eigentlich ein Kinderspiel sein.
Doch hier geht es um Bananen. Die 160 Hektar Land, auf denen sich heute das terrakottafarbene Traumhotel Abama inmitten einer weitläufigen subtropischen Gartenanlage ausbreitet und wo sich der schon vielfach ausgezeichnete Golfplatz mit Höhenunterschieden von stolzen 253 Metern durchaus spektakulär bergauf und bergab windet, waren früher Teil einer großen Bananenplantage. Der spätestens durch den Verkauf mehr als wohlhabend gewordene Plantagenbesitzer weiß sehr genau, daß seit vielen Jahren die Zahl der Golftouristen auf den Kanaren insgesamt und auf Teneriffa im Besonderen stetig ansteigt und das Abama Resort eigentlich dringend expandieren müßte.
Wenn die Zeit stehen bleibt …
Auf wundersame Weise verteuert sich die kleine, aber besonders süße Bananensorte Plátano Canario, von der auf ganz Teneriffa auf riesigen Anbauflächen rund 130.000 Tonnen jährlich produziert werden, an den sonnenreichen Hängen zwischen Adeje und Guia de Isora in den letzten Jahren deutlich stärker als irgendwo sonst auf der Insel. Wann im scheinbar unendlichen Tauziehen um den Kaufpreis für die 70 Hektar Bananenterrassen endlich „alles Banane“ ist, vermag auch Golfdirektor Victor Saez nicht vorherzusagen.
Wie heißt es doch in einer wohlklingenden Werbebotschaft des Abama-Resorts, das sich „als Wahrzeichen und Inbegriff für modernen Luxus auf der kanarischen Insel Teneriffa“ preist? „Ein Rückzugsort voller Naturschönheit und endloser Möglichkeiten, an dem die Zeit still zu stehen scheint“. Spötter mit einem Faible für den Golfsport meinen schon: Wenn‘s um den Bau von Straßen und Golfplätzen geht, bleibt auf der größten und schönsten Kanaren-Insel die Zeit allzu sehr stehen…
Medianachweis: Wolfgang Weber