Es fühlt sich schon etwas komisch an zu erklären, warum Person A eine Legende ist, und dann steigt man mit Person B ein. Aber es ist mehr als notwendig, ein bisschen, nun ja, auszuholen, immerhin sind wir beim Golf. Die Nullerjahre, das war die Zeit von Tiger Woods. Mit dem Sieg des Memorial Tournament 1999 begann seine bis dahin ungeahnte Zeit der Dominanz im Golfsport. Seriensiege, gebrochene Turnierrekorde, der Major-Grand-Slam, Titelverteidigung beim Masters als erst dritter Spieler aller Zeiten. Er war 264 Wochen an der Spitze, 2003 Zweiter und 2004 Vierter. Zwar gelang kein Major-Sieg, aber er war noch immer gefährlich. Infolge einer Operation am linken Knie stellte er seinen Schwung dann um. Und damit ging es wieder nach oben. Anfang des Jahres war er schon wieder kurz die Nummer eins der Welt, nach dem vierten Masters-Sieg im April 2005 war er ganz oben, duellierte sich aber mit Vijay Singh um die Topposition. Gegen diesen Tiger Woods setzte sich Michael Campbell bei den U.S. Open in Pinehurst No. 2 von 16. bis 19. Juni 2005 durch.
Neuseeländer und Maori
Der heute 55 Jahre alte Michael Campbell ist ein außergewöhnlicher Mensch, das beweist allein sein Familienstammbaum. Er wurde in Hawera, Taranaki, geboren, einer Stadt an der Westküste der Nordinsel Neuseelands. Er ist überwiegend Maori. Zudem hat er auch einige schottische Vorfahren und ist ein Ururenkel von John Logan Campbell, einem schottischen Auswanderer. Wie viele junge neuseeländische Burschen träumte er davon, für die All Blacks zu spielen, und begann mit Rugby. Aber seiner Mutter war das gar nicht recht, sie hat es unterbunden. Während er in mehreren anderen Sportarten wie Softball, Squash und Tischtennis talentiert war, galt seine Leidenschaft dem Golfsport. Im Alter von sieben Jahren begann er auf dem Patea-Golfplatz. Er wurde durch einen Onkel angeleitet und von seinem Vater beeinflusst. Dieser hat ein Handicap im einstelligen Bereich. Die Familie zog nach Süden nach Titahi Bay, und Campbell entwickelte seine Fähigkeiten. Er besuchte die Schule am Mana College, verließ sie jedoch ohne Abschluss. Ab 1988 vertrat Campbell Neuseeland bei verschiedenen internationalen Amateurwettbewerben, darunter beim Mannschaftssieg bei der Eisenhower Trophy 1992, bevor er 1993 Profi wurde.
Der Weg zu den Open
In seiner ersten kompletten Saison auf der European Tour hatte er nach der dritten Runde der Open Championship einen Zwei-Schläge-Vorsprung inne, ließ aber nach einem 76er-Schlag in der letzten Runde nach. Dennoch blieb er bis zum letzten Loch im Wettbewerb und verfehlte das Playoff gegen Costantino Rocca und John Daly, der letztlich gewann, um einen Schlag. Campbell etablierte sich schließlich als solider Spieler und belegte im Jahr 2000 den vierten Platz in der European Tour Order of Merit, landete im Jahr 2002 erneut unter den Top Ten der Order of Merit. Er gewann die Order auf der PGA Tour of Australasia verdient in der Saison 1999/2000. Insgesamt gewann er von 1993 bis 2001 siebenmal auf der PGA Tour of Australasia, 1999 einmal auf der Asian PGA Tour sowie die Nissan Irish Open 2003, bis 2005 anfing. Auf der European Tour siegte er von 1999 bis 2005 siebenmal. Campbell schaffte es bei seinen ersten fünf Turnieren im Jahr 2005 nicht, den Cut zu erreichen. Er schaffte eine schnelle Wende und verpasste in den nächsten 16 Turnieren nur einen Cut. Dann kamen die U.S. Open. Er erinnerte sich später: „Als ich die U.S. Open gewann, war es das erste Mal, dass es außerhalb Amerikas ein U.S.-Open-Qualifying gab. Ich hatte keine Motivation, nach Walton Heath zu gehen, weil ich müde war. Aber meine damalige Frau überzeugte mich zu gehen, da es nur eine kurze Autofahrt von meinem Zuhause in Brighton entfernt war. Ich war der letzte Spieler war, der sich qualifizierte.“
Das Duell
Es waren erst die zweiten U.S. Open in Pinehurst, da in der Vergangenheit Bedenken hinsichtlich hoher Temperaturen und der Entfernung zu einem dicht besiedelten Gebiet bestanden. Und genau dort sollte Campbell Woods herausfordern und den Dominator besiegen. Nach zwei Runden lag Woods auf dem geteilten zehnten Rang. Campbell ließ einer 71er-Runde zum Auftakt eine 69 folgen und schloss die zweite Runde par ab, auf dem sechsten Rang. Aus dem Spitzenfeld hatten nur Mark Hensby (68), Keiichiro Fukabori und Jason Gore (67) bessere Runden absolviert. Nach drei Runden dünnte sich die Spitze aus.
Campbell war geteilter Vierter, Woods zwei Schläge hinter ihm. In der vierten Runde hielt Campbell einen angreifenden Woods im Zaum. Der 36-jährige Campbell sammelte vier Birdies und drei Bogeys und schloss mit einem Eins-unter-Par von 69 ab, der Tagesbestleistung. Woods, der seinen zehnten Karriere-Major-Sieg wollte, erholte sich von einem Bogey-Bogey-Start und schaffte auf den letzten neun Löchern vier Birdies, um sich mit passenden 69 den zweiten Platz zu sichern. Es war knapp: Er verpasste einen Zweieinhalb-Meter-Putt für Par auf der 16 und fabrizierte einen Bogey auf der 17. Retief Goosen, der über Nacht drei Schläge Vorsprung hatte, vergab seine Chance, indem er bei den ersten neun Löchern sechs Schläge verlor. Campbell war siegreich. Und danach? „Ich bin für zwei Wochen nach Neuseeland zurückgekehrt, um meinen Erfolg mit meinem Volk zu teilen. Ich bin in alle unteren (am stärksten benachteiligten) Schulbereiche gegangen, um den Kindern Motivationsreden zu halten und ihnen zu sagen, dass Träume wahr werden, wenn man daran glaubt.“

Der Rest der Karriere
Nach dem Major-Sieg schaffte er es im September des Jahres noch, World Match Play Champion zu werden. Dann wurde es ruhig um ihn. Zwischen 2009 und 2012 schaffte er keinen Top-10-Platz auf der European Tour.
Im Oktober 2012 belegte er beim Portugal Masters den dritten Platz und im Dezember den 8. Platz bei den Hong Kong Open (beides European-Tour-Events). Aufgrund einer Knöchelverletzung und persönlicher Probleme zog er sich 2015 vom Golfsport zurück. Aktuell spielt er auf der PGA Tour Champions. Das war möglich, als er im Februar 2019 50 Jahre alt wurde.
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