Die Revanche von Rom ist geglückt

Europa besinnt sich beim Heimspiel im Marco Simone Golf & CC seiner Stärken und holt sich den Ryder Cup völlig verdient wieder zurück.

Es war ein Fest im Marco Simone Golf & Country Club, als sich die besten Spieler Europas und der USA zum langersehnten 44. Ryder Cup vor den Toren Roms trafen. Und nach drei Tagen Golf der absoluten Extraklasse stand fest: Europa hat den Pokal verdient mit 16 ½ zu 11 ½ Punkten zurückgeholt. 

Teamleistung

Dabei profitierten die Mannen um Luke Donald vor allem vom großen Polster, das sie sich in den klassischen Vierern an Freitag und Samstag auf die Amerikaner erspielt hatten. Besonders der erste Spieltag in Marco Simone ging dabei in die Geschichte ein. Denn ein 4:0 in der Morning Session gab es in der europäischen Historie des Kontinentalvergleichs noch nie. Während die Stärke der USA immer wieder auf dem Können der Einzelspieler beruht, liegt sie bei Team Europa ganz klar im Team. Und das zeigte sich bei den Klassischen Vierern zum Auftakt dermaßen deutlich, dass man sich schon Sorgen um den weiteren Verlauf des Duells machen musste. 

Schlecht vorbereitet?

US-Kapitän Zach Johnson schien dann auch richtig ratlos, als er den „Whitewash“ zu erklären hatte, und geriet schon zum Start gehörig unter Druck. Am Nachmittag sah es für die USA lange Zeit deutlich besser aus, doch auch hier tauchte beim Vierball Bestball am Ende kein einziger voller roter Punkt für die Gäste auf. 6 ½ zu 1 ½ lag Europa nach Tag 1, der nur so mit golferischen Highlights von Jon Rahm, Viktor Hovland und Co gespickt war, in Führung. Die Stimmung bei den europäischen Fans war sensationell. Es wurde gefeiert und bis in die Abendstunden gesungen. Und bei den USA? Da herrschte logischerweise miese Laune und es war von miserabler Vorbereitung die Rede. Hatte man sich wieder einmal zu schlecht auf die Bedingungen des Auswärtsspiels eingestellt? War der kurze Abstecher nach Rom vor ein paar Wochen mit dem nicht einmal kompletten Team dann doch zu wenig? Machte sich die fehlende Spielpraxis (das FedEx Cup-Finale lag schon fast vier Wochen zurück) dann doch mehr bemerkbar als gedacht? Die USA lagen am Boden und mussten natürlich am Samstag eine Antwort geben. 

US-Kapitän Zach Johnson hatte wenig Grund zur Freude.

Tränen bei der Nr.1

Die Antwort kam, nur nicht ganz so, wie man sie erwartet hatte. Als Scottie Scheffler mit Teampartner Brooks Koepka vom skandinavischen Hovland-Åberg Express mit sage und schreibe 9&7 überrollt wurde, kullerten bei der Nummer eins der Welt sogar Tränen. Zumindest das zeigte, dass sich im Team USA auch Spieler befanden, denen der Ryder Cup wirklich etwas bedeutet. Und als die Amerikaner beim 3:1 in den klassischen Vierern mit dem Duo Max Homa und Brian Harman dann immerhin den ers­ten vollen Punkt holten, fiel die Schmach vom Vortag zumindest ein wenig milder aus. Europa führte nun schon mit 9 ½ zu 2 ½ , die Fangesänge wurden noch lauter, die Stimmung noch ausgelassener. Von einem denkwürdigen Rekordsieg war die Rede, Team USA war nicht mehr am, sondern schon unter dem Boden.

Der Hovland-Åberg-Express war nicht zu bremsen.

Cantlay wie poulter

Doch dann passierte am Samstag­nachmittag genau das, was den Ryder Cup halt immer wieder so spannend macht. Das Blatt wendete sich zugunsten der Amerikaner. Man gewann gleich drei der Vierball-Bestball-Matches und hatte gerade in der letzten Partie den nötigen Aufreger, um frisch motiviert in die Einzel am Sonntag zu gehen. Denn als Patrick Cantlay sich im Match gegen Rory McIlroy und Matt Fitzpatrick dazu entschied, einen auf Ian Poulter zu machen und auf den letzten Löchern jeden Putt zu lochen, witterten die USA Morgenluft. Natürlich schien der Vorsprung von Europa mit 10 ½ zu 5 ½ immer noch gigantisch groß, doch Einzel sind eben nun mal Einzel und da kann, wie wir ja aus der Vergangenheit wissen, noch so einiges passieren. 

Einzel sind anders

Und das tat es dann am Sonntag tatsächlich auch. Obwohl Team Europa nur noch vier der zwölf verbliebenen Punkte benötigte, um den Ryder Cup nach Hause zu holen, wurde es zwischenzeitlich eine richtig enge Kiste. Und das, obwohl Rory McIlroy, Viktor Hov­land und Tyrrell Hatton schon die ersten drei Zähler für die Gastgeber eingesammelt hatten. Ganz entscheidend wurde das Match Nummer eins von Jon Rahm gegen Scottie Scheffler. Es war bis zum letzten Loch hart umkämpft, da sich der laut Ranking beste Spieler der Welt gegen den wahrscheinlich besten Spieler von Rom die Butter nicht ganz so einfach vom Brot nehmen lassen wollte. Allein vier Mal wechselte die Führung zwischen den beiden Kontrahenten, ehe der Spanier auf der letzten Bahn noch zu einem vielumjubelten halben Punkt ausgleichen konnte. Dank dieses extrem wertvollen halben Zählers standen bei Team Europe schon 14 Punkte zu Buche. 

USA holen auf

Ein weiterer halber Punkt hätte bereits gereicht, um den Ryder Cup zurückzuholen, doch die Amerikaner hatten plötzlich etwas dagegen. Das zeigte sich auch auf dem Leaderboard, auf dem die nächsten Matches allesamt rötlich gefärbt waren. Rot bedeutet Gefahr und in diesem Falle USA. Einen Punkt nach dem anderen kamen die Gäste näher heran. Dank Cantlay, Koepka, Homa, Thomas und Schauffele stellten die USA auf 11:14, die Entscheidung musste tatsächlich in den drei letzten Matches fallen. Wer hätte das nach diesem großen Vorsprung von Europa eigentlich noch für möglich gehalten?

Doch noch Spannung

Genau diese letzten drei Matches waren dann auch wirklich eng. Shane Lowry lag gegen Jordan Spieth schon nach fünf Loch 3 down, Rookie Robert McIntyre hatten seinen Vorsprung von drei Löchern auf US-Open-Champion Wyndam Clark an der 14 aufgebraucht. Einzig Tommy Fleetwood hielt in seinem Match gegen Rickie Fowler einen knappen Vorsprung.  Und so war es dann auch genau diese Partie, die auf der 16. Bahn des wirklich perfekt für Matchplay ausgelegten Platzes ein denkwürdiges Ende fand.

Tommy Tommy

Das „driveable“ Par 4 hatte schon während der ganzen Woche für Highlights gesorgt und ließ sich auch dieses Mal nicht bitten. Die Situation war klar: Rickie Fowler lag 1 down und musste attackieren. Ein weiteres verlorenes Loch war mit 2 zu spielen – und der Ryder Cup landet in Europa. Fowler schlug zuerst und setzte seinen Drive mitten ins Wasser. Publikumsliebling Tommy Fleetwood schlug mit seinem wohl bes­ten Drive der Woche den Ball mitten aufs Grün. Ohrenbetäubender Jubel brandete auf, der Ryder Cup war zum Greifen nahe. Rickie Fowler spielte Schlag drei aufs Grün und hätte bestenfalls noch zum Par geputtet. Tommy Fleetwood hatte also zwei Putts­ zum Birdie, zum Lochgewinn und damit zum Ryder Cup. Und natürlich war sich der Engländer genau dieser Situation in diesem Moment auch bewusst. Und vielleicht genau deshalb spielte Tommy seinen Eagleputt auch relativ zaghaft Richtung Loch. Der Ball kam weniger als einen Meter vor dem Loch zum Stillstand – was nun? Die Antwort gab Fowler selbst, der Fleetwood den Siegputt schenkte. 

Die Entscheidung: Tommy Fleetwood gewinnt die Bahn 16 und den Cup.

Play it again, Luke

Der Ryder Cup war zugunsten Europas entschieden und der Jubel bei den Fans, den Spielern und jedem, der nicht aus den USA kam, grenzenlos. „Ich bin so unglaublich stolz auf die Jungs, ich kann das kaum in Worte fassen“, kommentierte Kapitän Luke Donald den Sieg seines Teams mit Tränen in den Augen. „Sie sind hier zusammengekommen und haben nicht für sich, sondern für das Team gespielt. Wir haben viele tolle Momente und Erinnerungen zusammen geteilt und genau das macht diesen Sieg noch so viel schöner“, so der Engländer, für den dieser Ryder-Cup-Titel den stolzesten Moment seiner Karriere darstellt. Überhaupt gab es während der ganzen Woche schon sehr viel Lob für Luke Donald und so wurden auch bei der abschließenden PK des Teams Europa Stimmen laut, er solle auch in zwei Jahren in New York erneut das Amt des Kapitäns ausüben. 

Revanche geglückt

Ganz sicher nicht mehr Kapitän der USA wird dann Zach Johnson sein, der sich als sehr fairer Verlierer gab und sich nun tapfer der Medienschelte aus den USA stellen muss. Mit Sicherheit haben die Amerikaner Fehler in der Vorbereitung begangen, doch Johnson jetzt, wie schon mehrmals geschrieben, als schlechtesten Kapitän der Geschichte hinzustellen, wäre wirklich unfair. Der 44. Ryder Cup war am Ende knapper, als es das Ergebnis zeigt, und mit diesem Ergebnis für die Mannen um Luke Donald auch wirklich verdient. Getragen von der sensationellen Stimmung der Fans und dem schon so oft erwähnten Teamgeist haben es die Europäer innerhalb von nur zwei Jahren geschafft, die Klatsche von Whistling Straits 2021 vergessen zu machen und ein schlagkräftiges Team mit einem Mix aus Rookies und Veteranen auf die Beine zu stellen. Hinzu kommt die taktische Meis­terleistung, den Platz ganz klar auf die Stärken der europäischen Spieler abzustimmen.

2025 New York

Man darf gespannt sein auf den Ryder Cup 2025 in Bethpage, New York, bei dem die Amerikaner mit ihren Fans im Rücken schon jetzt auf eine Revanche sinnen. Das Ziel für Team Europa hat Rory McIlroy bei der abschließenden Pressekonferenz bereits vorgegeben und damit Team USA auch schon den Fehdehandschuh hingeworfen. „Die größte golferische Herausforderung ist, einen Auswärts-Ryder-Cup zu gewinnen. Und genau das werden wir in zwei Jahren tun.“

Medianachweis: Getty Images

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