Europa schreibt Golfgeschichte

Team Europe verteidigt mit einem 14:14 Unentschieden auf spanischem Boden den Solheim Cup und schafft damit den historischen Hattrick.

Das europäische Team unter der Leitung von Kapitänin Suzann Pettersen schrieb Golfgeschichte. Zum ersten Mal in der Historie des interkontinentalen Vergleichskampfes konnte ein Team den Solheim Cup dreimal hintereinander gewinnen. Die Trophäe bleibt also weiter in europäischer Hand, wenngleich das finale Ergebnis ein 14:14 Unentschieden war. Die goldene Regel des Solheim Cups, genauso wie beim Männer-Pendant Ryder Cup, besagt aber, dass das titelverteidigende Team lediglich 14 Punkte benötigt, um die Trophäe zu behalten, das herausfordernde Team jedoch 14,5 Punkte.  

Nationalheldin

So war es der spanischen Lokalmatadorin Carlota Ciganda vorbehalten, im andalusischen Finca Cortesin Resort passenderweise den entscheidenden Putt zu lochen. Vor den heimischen Fans, unter ihnen auch Spaniens König Felipe VI, brachte Carlota den Sieg gegen die Weltranglistendritte Korda auf der 17 nach Hause. Mit ihrem Einzelsieg war die 33-jährige Spanierin aus Pamplona mit vier gewonnenen Punkten aus vier Partien am Ende auch die erfolgreichste Spielerin des diesjährigen Solheim Cups. „Es war der Wahnsinn, all diese Unterstützung von meiner Familie und Freunden, ich hatte so viele Menschen hier“, freute sich Ciganda nach dem Triumph. „In Spanien zu spielen und zu erleben, wie mein Name skandiert wird, war wirklich erstaunlich, etwas ganz Besonderes. Das ist etwas, was ich nie vergessen werde. Ich liebe Europa, ich liebe Spanien, ich liebe den Solheim Cup.“ 

Würdiger Schauplatz

Es war das erste Mal, dass der Solheim Cup auf spanischem Boden ausgetragen wurde. Das Finca Cortesín-Resort in Andalusien bot eine überzeugende Kulisse und erwies sich als würdiger Austragungsort für einen solch dramatischen Wettbewerb. Die Fans, die in Scharen aus der ganzen Welt angereist waren, waren nicht nur vom erstklassigen Golfniveau, sondern auch vom einzigartigen Ambiente in Finca Cortesin begeistert. Das Luxusresort in Casares war bereits dreimal Austragungsort der Volvo World Match Play Championship auf der European Tour und der 6.808 Meter lange Championhsip Course gilt als einer der angesehensten und bes­ten in ganz Spanien. Der Platz ist bekannt für sein herausforderndes Layout, das von Cabell Robinson erschaffen wurde. Kein Loch gleicht dem anderen und große ondulierte Grüns fordern den Spielern alles ab. 

Auftakt geht daneben

Auch für die besten Golferinnen Europas und der USA war der Platz in Finca Cortesin ein toller Test. Aus Sicht der Europäerinnen hätte der Solheim Cup 2023 aber dann kaum schlechter beginnen können. In der Eröffnungssitzung fügte Team USA unter der akribischen Leitung der stoischen, um nicht zu sagen eiskalten Kapitänin Stacy Lewis Team Europe eine empfindliche 4:0 Niederlage zu. Suzann Pettersen suchte nach Antworten und fand diese zum Glück relativ schnell. Ein 0:4-Rückstand ist nämlich eine Hypothek, die in der Regel nur ganz schwer aufzuholen ist. Doch die norwegische Kapitänin sprach ihrem Team Mut zu und schon in der Freitagnachmittags-Session gelang mit 3:1 eine kleine Wende. „Vielleicht war das so etwas wie ein Weckruf“, meinte Pettersen im Nachgang. „Ich glaube an das Schicksal und vielleicht war das so vorgesehen. Ich habe zu meinen Spielerinnen gesagt: ‚Wenn du am Boden liegst, stehst du wieder auf.‘ Das Leben kann hart sein, aber es ist die Art und Weise, wie man wieder aufsteht, die Charakter zeigt. Und ich denke, das hier zeigt wirklich den Charakter dieser Mannschaft.“

Schwedenbomben

Neben Hausherrin Carlota Ciganda war es auch das schwedische Rookie-Duo Linn Grant und Maja Stark, das maßgeblichen Anteil am Comeback der Europäerinnen hatte. Grant holte drei von fünf möglichen Punkten und Stark bezwang in einer der Schlüsselpartien die amtierende U.S. Women‘s Open-Siegerin Allisen Corpuz mit 2&1. Und noch eine Schwedin spielte am Finaltag eine gewichtige Rolle. Veteranin Caroline Hedwall, die dieses Mal als 121. in der Damen-Weltrangliste nur dank einer Wildcard ins Team rutschte, drehte gegen Ally Ewing ein schon verloren geglaubtes Match. Sie gewann fünf der letzten sechs Löcher – allesamt mit Birdies – und landete mit 2 auf einen ganz entscheidenden Punkt für Team Europe. „Ich weiß, dass es nie vorbei ist, bis es vorbei ist, und das ist der Kampf, den ich heute führte“, sagte Hedwall. „Ich bin gerade wirklich stolz auf mich.“

Zwei wichtige Stützen im Team Europe: Linn Grant und Carlota Ciganda.

Stolze Kapitänin

Stolz war auch Europas Kapitänin Suzann Pettersen, die nach den letzten beiden Siegen (2019 in Gleneagles und 2021 in Inverness, Ohio) erfolgreich in die Fußstapfen ihrer Vorgängerin Catriona Matthew trat. Nach gelungener Titelverteidigung, gleichbedeutend mit dem historischen Hattrick, ließ die Norwegerin ihren Emotionen freien Lauf. „Geht es noch besser? „Das ist ein wahrgewordener Traum“, sagte Pettersen. „Wir hatten eine gewaltige Herausforderung vor uns. Wir haben im Solheim Cup erneut Geschichte geschrieben. Diese Mädchen sind Legenden.“ Und sie habe immer an ihre Spielerinnen geglaubt. „Wir wussten, dass es auf den letzten Punkt ankommen würde. Wir haben das beste Team. Ich bin so stolz auf sie, sie spielen mit ihrem Herzen. Es gibt kein Aufgeben, egal welche Herausforderung vor uns liegt. Wir hatten einen schwierigen Start, aber wir blicken nicht zurück – der Himmel ist die Grenze.“

Lewis unzufrieden

Der Gemütszustand ihres US-Pendants Stacy Lewis war naturgemäß ein anderer. Doch auch die 38-jährige Amerikanerin betonte unentwegt, dass sie rundum stolz auf ihr Team sei, auch wenn es am Ende nicht zum Sieg reichen sollte. Während das europäische Team ausgelassen feierte, versammelte sie ihr Team um sich herum und sprach ihm Mut zu. „Ich habe ihnen einfach gesagt: ‚Wir haben nicht verloren‘“, sagte Lewis. „Es war ein Unentschieden und es gab in dieser Woche so viel, worauf wir aufbauen konnten. Ich sagte ihnen, wie stolz ich auf sie sei und dass sie erhobenen Hauptes von dannen ziehen können. Sie haben diese Woche alles getan, was ich von ihnen verlangt habe, und noch mehr. Sie hatten eine großartige Einstellung, sie waren erstklassige Gegner und sie haben dieses Land so gut repräsentiert.“ Doch die Sache mit dem Unentschieden nagte noch an Lewis, die es sich nicht verkneifen konnte, eine mögliche Änderung der Modalitäten in diesem Fall aufs Tapet zu bringen. „Ich habe bei der Schlusszeremonie mit LPGA-Kommissarin Mollie Samaan darüber gesprochen, ob es nicht besser wäre, bei einem Unentschieden ein Playoff abzuhalten“, so Lewis. „Ich denke es wäre ein besseres Erlebnis für die Fans, egal ob es sich um ein Mannschafts-Playoff oder etwas Ähnliches handelte. Ich denke, das wäre ziemlich cool. Aber wenn man bei der Geschichte der Veranstaltung bleiben will und sich auch an der Geschichte des Männerbewerbs orientiert, wird man wohl an dem aktuellen System festhalten.“

Stacy Lewis (USA) und Suzann Pettersen (Europa) treffen auch 2024 als Solheim Cup-Kapitäninnen wieder aufeinander.

2024: Revanche

Zeit zur Revanche gibt es dieses Mal bereits ein Jahr früher als sonst. Die 19. Austragung des Solheim Cups findet im kommenden September im Robert Trent Jones Golf Club in Gainesville, Virginia, statt. Aufgrund der pandemiebedingten Verschiebung des Ryder Cups um ein Jahr  (von 2020 auf 2021) fanden die letzten beiden Ausgaben von Ryder Cup und Solheim Cup im selben Jahr und selben Monat statt. Ab nächstem Jahr wechseln die Damen wieder in die geraden Jahre, um so aus dem Schatten des alles dominierenden Herrenbewerbs zu treten. Suzann Pettersen und Stacy Lewis werden in nicht einmal zwölf Monaten erneut als Kapitäninnen ihre jeweiligen Teams in das Prestigeduell führen. Sie haben die Messlatte in diesem Jahr extrem hoch gelegt. Für Spannung ist mit Sicherheit wieder gesorgt und man darf schon jetzt gespannt sein, ob Team USA die Erfolgsserie der Europäerinnen stoppen kann oder ob Suzann Pettersen mit ihren Eurofighterinnen auch 2024 wieder jubeln darf. Bei einem erneuten Unentschieden, was bei der Klasse der beiden Teams durchaus möglich scheint, bliebe der Pokal weiter auf dem alten Kontinent. 

Medianachweis: Tristan Jones / LET

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