Für viele Golfer beginnt der Frühling mit dem ersten Abschlag – doch für Allergiker kann der leichte Wind über dem Fairway schnell zum unsichtbaren Gegner werden. Gräserpollen sind die häufigsten Auslöser allergischer Reaktionen während der Golfsaison, und die beginnt durch den Klimawandel zunehmend früher. „Der Start der Pollensaison hat sich in den letzten Jahren deutlich verschoben“, erklärt die Allergologin und Ärztin für Allgemeinmedizin Dr. Ulli Enzenberg. „Erlen- und Haselpollen fliegen schon, sobald die Temperaturen 5°C übersteigen, Birken- und Eschenpollen ab Mitte März, Gräserpollen folgen dann ab Mai – und ihre Blüte dauert meist bis August.“ Auch die Pollen von Ragweed, einer Pflanze die sich auf den Transitrouten von Südosteuropa nach Westen ausbreitet, bereiten Allergikern im Spätsommer zunehmend Probleme. Besonders tückisch: „Diese Pollen können rasch die unteren Atemwege reizen und damit Asthmaanfälle auslösen. Ab dem Frühsommer bis in den Herbst hinein sind zudem Alternaria und andere Pilzsporen in der Luft und reizen besonders an feuchten Tagen die unteren Atemwege“, ergänzt Enzenberg.
Ein relativ neues Phänomen ist das sogenannte „Thunderstorm-Asthma“. Dabei führen elektrostatische Aufladungen vor Gewittern dazu, dass Pollen aufplatzen und ihre Bruchstücke tief in die Schleimhäute der unteren Atemwege eindringen. Selbst Menschen ohne bekannte Atemwegserkrankung können dann plötzlich Asthmaanfälle entwickeln. „Das zeigt, wie wichtig eine gute medizinische Vorbereitung ist – vor allem für sportlich aktive Menschen im Freien“, so Enzenberg.
Planung ist alles –auch im Golfkalender
Wer unter einer Pollenallergie leidet, sollte seine Turnier- und Reiseplanung strategisch angehen. „Idealerweise sucht man sich pollenarme Regionen oder plant die Teilnahme an Wettkämpfen außerhalb der Hochsaison für Gräserpollen“, empfiehlt die Expertin. Dabei helfen auch Pollenflug-Apps und Wetterberichte. Warme, trockene Luftströmungen aus Südosteuropa transportieren häufig hohe Pollenkonzentrationen, während kühle Atlantikwinde aus Nordwesten für eine geringere Belastung sorgen. Doch auch innerhalb eines Tages gibt es Unterschiede: „Je nach Windrichtung und Wetterlage ist die Pollenkonzentration tageweise am Morgen und am Abend unterschiedlich.“
Wenn es akut wird– was hilft auf demPlatz?
„Für die symptomatische Behandlung der akuten Beschwerden stehen Antihistaminika (H1-Rezeptoren-Blocker) in Form von Allergietabletten, Nasensprays und Augentropfen zur Verfügung. Eine besonders gute Wirkung lässt sich durch die rechtzeitige Anwendung und die Kombination mehrerer Präparate erzielen. Bestehen bereits Atembeschwerden, ergänzen Inhalatoren mit Cortison und Beta-1-
Mimetikum mit raschem oder verzögertem Wirkungseintritt die Behandlung“, meint Enzenberg. Zusätzliche Hilfsmittel wie Sonnenbrille und Kappe bieten zumindest etwas Schutz für Augen und Schleimhäute. Auch einfaches Spülen mit kaltem Wasser, Duschen und Kleiderwechsel nach der Runde können die Allergenlast reduzieren. Enzenberg betont: „Eine echte Schutzstrategie gibt es leider nicht – aber eine gute symptomorientierte medikamentöse Behandlung macht den
Unterschied.“

Langfristig denken– mit Immuntherapieund Training
Wer regelmäßig unter starken Beschwerden leidet, sollte eine allergenspezifische Immuntherapie in Erwägung ziehen. Dabei wird das Immunsystem schrittweise an den Allergieauslöser gewöhnt – entweder subkutan, also mittels Spritzen unter die Haut, oder sublingual, also mittels Tropfen oder Tabletten, die unter die Zunge appliziert werden. „Diese Therapie trainiert das Immunsystem wie ein Golfprofi sein Spiel: konsequent und mindestens über drei Jahre“, so Enzenberg. „Der Effekt: weniger Symptome, geringeres Asthmarisiko, bessere Medikamentenwirkung. Zusätzlich hilft regelmäßiges körperliches Training – nicht nur zur allgemeinen Leistungssteigerung, sondern auch um die Lungenfunktion zu stabilisieren. Entscheidend ist auch das frühzeitige Erlernen der richtigen Inhalationstechniken bei Asthma bronchiale. Und das besonders bei Kindern oder sportlich aktiven Allergikern, um trotz Pollenallergie den Golfsport mit Freude ausüben zu können“, ergänzt die Allergologin.
Insektengift – selten,aber riskant
Nicht zu unterschätzen ist auch das Risiko durch Insektenstiche. „Die Insektengiftallergie ist zwar selten, aber potenziell lebensbedrohlich“, warnt die Ärztin. Besonders bei körperlicher Anstrengung kann ein Bienen- oder Wespenstich dramatisch verlaufen. „Betroffene sollten deshalb immer ein Notfallset dabeihaben – inklusive Adrenalin-Pen.“ Enzenberg rät: „Am besten wird vor jeder Runde im Flight kurz besprochen, wer allergisch ist und wie im Notfall zu reagieren ist.“
Dr. Ulli Enzenberg ist Ärztin für Allgemeinmedizin mit Spezialisierung auf Allergologie. Sie führt die Ordination „Gesund in Schönbrunn“ im Gartendirektorstöckl, Schloss Schönbrunn, in 1130 Wien. www.gesundinschoenbrunn.at

Mit diesen Maßnahmen behalten Sie Ihre Allergie auch in der Golfsaison gut im Griff:
Auslöser meiden
Pollenflugzeiten beachten, Reisen und Turniere entsprechend planen
Symptome behandeln
Antihistaminika, Nasensprays und Augentropfen rechtzeitig und regelmäßig anwenden
Immuntherapie erwägen
Langfristige Therapie zur Reduktion der Beschwerden und Vorbeugung von
Asthma
Wichtig:
⎫ Frühzeitige Diagnose
⎫ Rascher Behandlungsbeginn
⎫ Konsequente Anwendung der Medikamente
So lässt sich ein „Etagenwechsel“ – also das Fortschreiten der Beschwerden von Nase und Augen in die unteren Atemwege – vermeiden.
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