Auf Augenhöhe

Gelungene Premiere für den Inklusions-Golfcup in Berlin.

Der Gastgeber kam mit leichter Verspätung zu Siegerehrung und Dinner im Golfclub, doch er hatte eine Entschuldigung von allerhöchster Ebene: Jürgen Dusel kam direkt vom Wohnungsbaugipfel im Bundeskanzleramt, wo er – seinem Auftrag entsprechend – gegenüber der Bundesregierung und den Spitzenvertretern der Bauwirtschaft auf barrierefreies Bauen bei öffentlichen wie privaten Projekten gedrungen hatte. 

Beim Abbau von Barrieren zu helfen und dafür zu sorgen, dass der Bund seiner Verantwortung nachkommt, „für gleichwertige Lebensbedingungen für Menschen mit und ohne Behinderungen zu sorgen“ – dies sind die Aufgaben des Beauftragten der deutschen Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen. Er wirkt interministeriell auf politische Entscheidungen ein und begleitet aktiv die Gesetzgebung als Interessenvertreter der Menschen mit Behinderungen; denn, so das Motto der Arbeit von Jürgen Dusel: „Demokratie braucht Inklusion.“ 

Eine großartige Premiere feierte der Inklusions-Cup, zu dem der Behinderten-Beauftragte der Bundesregierung Jürgen Dusel (links) und DGV-Präsident Claus M. Kobold (Mitte) eingeladen hatten.

Viel Spaß beim Scramble

Dies gilt seiner Überzeugung nach auch und insbesondere auf sportlichem Gebiet, denn „der Sport bringt alle zusammen.“ 

Bestes Beispiel dafür war der erste „Inklusions-Cup“, zu dem Dusel zusammen mit Behinderten-Sportverbänden und dem Deutschen Golfverband (DGV) eingeladen hatte: Gut 60 behinderte und nichtbehinderte Golfer aus ganz Deutschland nahmen bei Traumwetter und besten Bedingungen an dem Scramble-Turnier auf der Anlage des renommierten Golf- und Country-Clubs Seddiner See teil, darunter viel Prominenz aus Sport und Politik. Auch etliche Olympiasieger und Medaillengewinner der Paralympics (für Menschen mit körperlichen Behinderungen) und der Special Olympics (für Menschen mit geistigen Behinderungen) zeigten ihr Können im Spiel mit Eisen, Hölzern und dem kleinen weißen Ball. 

Dafür, dass Behinderte den berechtigten Anspruch haben, in möglichst allen Lebenslagen Nichtbehinderten auf Augenhöhe zu begegnen, steht, wie kaum ein Zweiter, Christian Nachtwey. Der gelernte Tischler aus dem kleinen Ort Bodensee in Niedersachsen war schon in Jugendjahren begeisterter Golfer, ebenso seine Frau Bettina; und auch die beiden Söhne Jonas und Niklas lernten von Kind auf, mit Driver, Fairwayholz und Putter umzugehen. 

Not machte erfinderisch

1997 hatte Christian Nachtwey dann einen schlimmen Motoradunfall. Diagnose: Querschnittslähmung. Als er nach etwa anderthalb Jahren neuen Lebensmut gefasst hatte und in ihm die Idee keimte, sein altes geliebtes Hobby wieder aufzunehmen, sagte ihm sein Arzt: „Golf kannst du vergessen!“ Doch der an den Rollstuhl gefesselte Nachtwey tat das genaue Gegenteil. 

Und seine Not machte ihn erfinderisch: Der handwerklich überaus begabte Tüftler entwickelte in jahrelanger Arbeit einen Stehrollstuhl, der ihm – und zahllosen anderen Gelähmten – seither das Golfen wieder ermöglicht. 

Das patentierte, weltweit einmalige Gefährt mit Golfbag-Halterung ermöglicht dem Rollstuhlfahrer in wenigen Sekunden das Aufrichten aus der Sitz- in die optimale Stehposition zum Ball. Der mit modernster Elektronik ausgestattete „ParaMotion“, der zwischen herkömmlichen Rollstühlen hervorsticht wie ein Porsche-Sportwagen zwischen biederen Familienkutschen, verspricht „grenzenlose Mobilität“; denn er kann an jede Körpergröße angepasst werden, schafft auf dem Golfplatz stabil und sicher Steigungen bis zu respektablen 30 Prozent. Überdies lässt er sich auch noch unkompliziert in Pkw und Flugzeug befördern. 

Dank seiner Erfindung kann Christian Nachtwey trotz seiner Querschnittslähmung wieder sein geliebtes Hobby genießen. 

In 30 Ländern genutzt

Nicht nur Christian Nachtwey selbst hat seine geniale Erfindung dazu verholfen, wieder zusammen mit seiner Familie und Freunden im besten Wortsinn „auf Augenhöhe“ Spaß und Erfolgserlebnisse auf dem Golfplatz genießen zu können. 

Seit 2002 hat die inzwischen von seinen beiden Söhnen geleitete Firma PowerBaseTec mehr als 1500 dieser sehr speziellen High-Tech-Geräte verkauft. Sie werden von golfbegeisterten körperlich Behinderten in rund 30 Ländern genutzt. 

Mittlerweile verkaufen die Nachtweys bereits die sechste weiterentwickelte Version des aus eigener familiärer Betroffenheit heraus entstandenen ParaMotion-Stehrollstuhls für Golfer. Ein ernsthaftes Konkurrenzmodell ist weder in Europa noch weltweit in Sicht; wegen der relativ kleinen Zielgruppe scheuen große Firmen offenbar die hohen Entwicklungskosten. 

Neuauflage im nächsten Jahr

Beim Inklusions-Golfcup im Flight zusammen mit Golferinnen und Golfern mit unterschiedlichsten Arten und Stufen von Behinderungen einen Tag lang Freude am Sport und Erfolgserlebnisse zu teilen, war auch für die nichtbehinderten Teilnehmer wie den Sportausschussvorsitzenden des Bundestages, den ehemaligen Biathlon-Weltmeister und -Olympiasieger Frank Ullrich, und den mehrfachen Schwimm-Europameister Stev Theloke ein wunderbares Erlebnis, das lange nachhallen wird. 

Von einem „sensationellen Tag“ und einer „absoluten Bereicherung für den Golfsport in Deutschland“ sprach DGV-Präsident Claus M. Kobold: „Inklusion sollte eine Selbstverständlichkeit sein, auch und gerade im Golfsport; denn unser Sport trägt sie in seiner DNA durch das Handicap-System. Da kann man sich immer vergleichen.“ Mit großer Begeisterung aufgenommen wurde Kobolds Ankündigung des 2. Inklusions-Cups – im kommenden Jahr an gleicher Stelle. 

Medianachweis: © Wolfgang Weber

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